Die 100 besten Gitarristen und Gitarristinnen aller Zeiten
Von St. Vincent bis Jimi Hendrix: Hier ist unser Ranking der 100 besten Gitarren-Legenden.
Der Moment: Daa-dadada-dadaa-daa.
49
Roger McGuinn
Die zwölfsaitige Rickenbacker hat er bei Beatle George Harrison abgeschaut. Mit der Art, wie Roger McGuinn die Gitarre spielte, erfand er in den 60er-Jahren bei den Byrds den Folk-Rock. Sein typischer „Jingle-Jangle“-Sound wurde zum Markenzeichen der Byrds und hallt seit den 80ern in unzähligen Indie-Bands nach. (Albert Koch)
Der Moment: „Eight Miles High“ von 1966 ist einer der ersten Psychedelic-Rock-Songs. Er lebt von Roger McGuinns ungewöhnlichem Gitarrenspiel, das von den Ragas Ravi Shankars ebenso beeinflusst ist wie vom Free-Jazz John Coltranes.
48
Eddie Van Halen
Was wohl passiert, wenn man mit der einen Hand einen Akkord greift und mit der anderen mittels „tapping“ die Saiten einzeln antippt, und zwar in hübsch hohem Tempo? Genau das: Ein Arpeggio, mit dem der schnelle Eddie ab Ende der Siebzigerjahre Generationen von Nachwuchs-Gitarreros zur Verzweiflung treibt. Im schneller-höher-weiter-affinen Hardrock und Metal seitdem ein probates Mittel, um Eindruck zu schinden – und vermutlich die finale spieltechnische Innovation von Rang (Uwe Schleifenbaum).
Der Moment: „Eruption“ von Van Halens Debüt, bei 0:57 geht’s los.
47
Adam Franklin
Too Grunge for Shoegaze, too Psychedelic for Grunge – Swervedriver-Gitarrist Adam Franklin hat mit seinem gefühlt 500 Effektgeräte umfassenden Pedalboard einen kommoden Platz zwischen allen Hockern sicher. Wer versucht, die Songs seiner Band nachzuspielen, muss scheitern, sein viel- schichtiges Gitarrenspiel ein verwunschenes Klang-Enigma. Alle Bestandteile sind bei ihm gleichberechtigt: Riffs, Soli, ziselierter Zierrat, ein Sound, wie mit tausend Pinseln gemalt. – Ingo Scheel
Der Moment: Der Fade-in von „Deep Seat“, bitte anschnallen und abheben.
46
Gina Gleason
Als eine der wenigen herausragenden Metal- Gitarristinnen überhaupt, behauptet sich Gleason seit mehreren Jahren im männerdominierten Genre. Als herausragende Technikerin war sie zunächst als Gast in verschiedenen Produktionen tätig, fiel durch ihr virtuoses Shredding auf. Seit einigen Jahren ist sie nun Lead-Gitarristin bei der Progressive-Metal-Band Baroness und setzt dort besonders live Maßstäbe ohne ödes sexy Posertum. (Rebecca Spilker)
Der Moment: Freak Valley Festival 2022. Gleason dominiert das Konzert und ihre Band.
45
Steve Jones
An seinen Armen hängt die Gitarre wie einst das Puma-Racket am Becker: eine gleichsam natürliche Verlängerung der Gliedmaßen, kein externes Instrument als solches, mehr eine prothetische Erweiterung à la David Cronenberg. Steve Jones ist der Riffmei- ster schlechthin der letzten fünf Dekaden, seine Formel: Fender Twin Amp plus Gibson Les Paul, im Falle der Sex Pistols ergänzt um das Studioteam Chris Thomas/Bill Pryce, fertig ist ein Sound für die Ewig- keit, um den ihn Kumpels, Kollegen und Mucker welt- weit beneiden. (Ingo Scheel)
Der Moment: Wie er über das abrupte Ende 1978 spricht: „Da wäre mehr drin gewesen. Es ging alles viel zu schnell.“
44
Robert Johnson
Der König des Delta-Blues; der Mann, der angeblich einen Pakt mit dem Teufel schloss, weil er auf einmal so genial an der Gitarre war: raffiniert, eklektisch, rhythmisch komplex – als würden mehrere Leute gleichzeitig spielen. „Er klang wie ein ganzes Orchester“, sagte Keith Richards mal. Johnson starb 1938 mit nur 27, seine Lieder wurden tausendfach gecovert. (David Numberger)
Der Moment: Man könnte alle seiner nur 29 Aufnahmen nehmen. Der „Cross Road Blues“ spielt auf die Teufelslegende an und ist ein gutes Beispiel für Johnsons idiosynkratischen Stil.
43
Michael Karoli
Als Karoli vor 22 Jahren viel zu jung starb, erlebte seine Band Can gerade eine ihrer vielen Auferstehungen. Der Multiinstrumentalist war hier ab 1968 als Gitarrist tätig und prägte durch sein ungewöhnlich melodisches Spiel den Sound der Formation. Dass sein Lieblingsinstrument eigentlich die Geige war, scheint im Nachhinein logisch, denn Karoli lotete stets alle Möglichkeiten seines Instruments aus, auch die ausgesprochen orchestralen. (Rebecca Spilker)
Der Moment: Beim 1970 aufgezeichneten „Rockpalast“ setzt Karoli Live-Maßstäbe.
42
Loren Connors
Seit bald fünf Jahrzehnten spürt der 74-jährige Loren Connors den Verbindungen von Blues, dem Miles Davis der elektrischen Phase und dem abstrakten Expressionismus der Gemälde Mark Rothkos nach. Seine Blues- und Folk-Abstraktionen, häufig solo auf der akustischen und der elektrischen Gitarre, brachten ihm den Respekt von vorwärts denkenden Musiker:innen wie Thurston Moore, Kim Gordon und Jim O’Rourke ein. (Albert Koch)
Der Moment: Einmalig, wie auf „THE CURSE OF MIDNIGHT MARY“ von 1981 Slide-Gitarre, Bandrauschen und Umweltgeräusche ein Gesamtkunstwerk ergeben.
41
Jimmy Nolen
Der „Aufbaukurs Rhythmusgitarre“: Die schwingenden Saiten abzudämpfen, damit ein kratzig-perkussiver Sound entsteht, ist kein Hexenwerk, aber irgendjemand musste erst einmal darauf kommen. Dieser Jemand war Jimmy Nolen, der 1958 als Begleiter von Johnny Otis den funky „chicken scratch“ erfand und ab 1965 in James Browns Diensten weiter kultivierte. Die rhythmische Basis zahlloser Funk- und Disco-Aufnahmen, gerne kombiniert mit einem Wah-Wah-Pedal. (Uwe Schleifenbaum)
Der Moment: „Mind Power“ von Browns grandiosem 73er-Album „THE PAYBACK.“
40
Eddie Hazel
Das Magnum opus vom Leadgitarristen von Parliament/Funkadelic ist das zehnminütige Gitarrensolo „Maggot Brain“. Unter LSD-Einfluss gab Bandkopf George Clinton Hazel die Anweisung, er solle spielen, als habe er gerade erfahren, dass seine Mutter gestorben sei. Hazel spielte daraufhin eins der ergreifendsten Instrumentals der Geschichte. Nach fünf Minuten gab Clinton die Direktive, zu spielen, als sei die Frau Mama doch am Leben. Es folgen fünf weitere Minuten, diesmal erleichtert wie ein tiefer Seufzer. (Stephan Rehm Rozanes)
Der Moment: „Maggot Brain“, logo. Trivia: Habt ihr euch je gefragt, wer der Typ auf dem Backcover von Primal Screams „GIVE OUT BUT DON’T GIVE UP“ ist? Na?