Dan Reed Network – Dan Reed Network
Volltreffer! Als Newcomer beim MÜv zu gewinnen, kommt schon einem start-ziel-sieg beim New Yorker City-Marathon gleich. Dan Reed und Network aus Portland /Oregon schafften das Kunststück mit Ihrem LP-Debüt DAN REED NETWORK. Frischer musikalischer Wind, der, wie unsere Jury meint, mitten in eine Marktlücke gestoßen Ist.
Auch traurig, daß Mother’s Finest schon lange nicht mehr unter uns weilen? Oder verzweifelt, daß Jesse Johnson seine Hardrock-Ambitionen nur noch mit gebremstem Schaum verfolgt? Wir wissen nicht, was der freundliche Plattenverkäufer … – wir hingegen empfehlen bei anhaltenden Entzugs-Erscheinungen – richtig: Dan Reed Network. Mit hitzig angeschwärztem Rock’n’Roll, der sich Minneapolis-Funk-Anleihen ebenso selbstverständlich einverleibt wie fortgeschrittene Metal-Exkursionen nach früher Van Halen-Manier, dürften die Debütanten aus dem Nordwesten der Vereinigten Staaten auch kommerziell voll ins Vakuum treffen.
Ein Auftakt nach Maß: Der verspieltvertrackte Einstieg „World Has A Heart Too“, leichte Prince-Anklänge sind kaum zu überhören – wohl auch beabsichtigt – und das wuchtig marschierende „Get To You“ stecken gleich vortrefflich Reeds Koordinatensystem ab: Kraft und Vielfalt, pure Lust am Sound, gekoppelt mit musikalischem Witz und arrangementfechnischer Finesse. Oder kann sich jemand erinnern, in ähnlichem Kontext ein ausgefeiltes Trompeten-Solo serviert bekommen zu haben? Das Network zeigt mit „Baby Don’t Fade“, wies geht.
Klar, daß sich die Truppe auch auf majestätisch schwingende Balladen („Tamin‘ The Wild Nights“) versteht, doch Reeds eigentliche Domäne bleibt der schwer angefunkte Hardrock, den er hier mit „Forgot To Make Her Mine“ noch einmal wie aus dem Lehrbuch vorexerziert.
Die absolute Bombe auf DAN REED NET-WORK ist der Smash-Hit „Ritual“, problemlos mit Single-Knallern wie „Jump“ von Van Haien oder Bon Jovis „Runaway“ auf eine Stufe zu stellen. Was nicht mehr wundert, wenn man Dan Reeds Hintermänner etwas mehr ins Rampenlicht rückt: Entdecker Derek Shulman, derRock-Headhunter in den USA, gerade eben mit Kingdom Come erfolgreich, und Produzent Bruce Fairbairn, der zuletzt Aerosmith aus ihrer PERMANENT VACATION holte und vor allem als hitsicherer Bon Jovi-Produzent bestens eingeführt ist. Speziell Fairbairn weiß mit dem brachialen Song-Potential hervorragend umzugehen, läßt die wuchtigen Drums weit vorn stehen, dosiert die Keyboards fast immer richtig und verschafft Gitarrist Dan Reed genügend Auslauf, gewährt seiner Stimme erotisches Timbre und Präsenz. Allerdings ist kaum zu überhören, daß es Dan Reed für den ganz großen Wurf noch am notwendigen langen Atem mangelt, was dann besonders auf der zweiten Platten-Seite eher negativ zu Buche schlägt. Da greift der Newcomer, textlich wie musikalisch, mitunter allzu tief in die große Klischee-Kiste und droht vom vehement gestarteten Sprinter zum müde gewordenen Langstreckler zu „verhungern“. Eine bessere Kondition beim nächsten Anlauf wünscht.
Dan Reed: „ich hasse Schubladen“
Du bist für deutsche Hörer eine unbekannte Größe. Kannst du dich kurz vorstellen…
„Daniel Reed, 25 Jahre alt, in Portland/Oregon geboren.“
Rockmusik-abhängig seit wann?
„Das ging ziemlich spät los, mit 13, 14 Jahren. Vorher stand ich mehr auf Frank Sinatra oder Sam Cooke; meine Mutter war in so einem Hausfrauen-Gesangs-Zirkel und trällerte dauernd Sinatra-Nummern; ich mußte dazu Trompete spielen. Als Teenager krallte ich mir aus lauter Verzweiflung eine Gitarre, denn eigentlich wollte mein Vater, daß ich mal seine Rinderfarm in Süd-Dakota übernehme. Aber mit 1000 Rindern alt zu werden, war nicht das Ziel meiner Träume. Also fing ich zu üben an. AC/DC, Led Zeppelin, Stones, Doobie Brothers, Van Haien. Allein in dieser unendlichen Weite, ohne jede Abwechslung, konnte ich sechs bis acht Stunden täglich üben. In meine erste Band bin ich deshalb erst mit 17 Jahren, auf der Highschool, eingestiegen. „
Du hast in deiner Band zwei Schwane, zwei weiße und einen gelben Musiker. Ist das eine bewußte Demonstration?
„Ursprünglich war das nicht beabsichtigt. Die Jungs kamen wirklich durch Zufall in Portland zusammen. Aber wir sind auf unseren Club-Tourneen in den Staaten so vielen Vorurteilen begegnet – auch von schwarzer Seite übrigens, da wollen immer einige nicht akezeptiern, daß ein Weißer Funk singt – daß wir bewußt Network als Name gewählt haben. Vielleicht können wir wirklich ein paar Vorurteile abbauen.“
Du mixt geschickt Hardrock- und Funk-Elemente. Zufall oder Kalkül?
„Ich hasse Schubladen. Die Bandbreite unserer Musik hat sich durch die unterschiedliche Herkunft der einzelnen Musiker so ergeben. Wir haben die Musikrichtung nicht am Reißbrett bestimmt. „
Ärgert es dich, wenn dich US-Journalisten schon als „den weißen Prince“ bezeichnen?
„Nein, obwohl es mich wundert. Ich mag die Musik von Prince, aber er ist auf seinem Gebiet unerreichbar. Ich orientiere mich da eher an den alten Sachen von James Brown.“