„Da habe ich wohl gelogen“
Jedes dieser Bilder erzählt eine Geschichte. Nur welche? Wir haben nachgefragt. Heute: Kele Okereke (Bloc Party)
Auf dem Solo-Debüt The Boxer von Kele sind kaum Gitarren zu hören.
„Ich bin schon mit der Idee ins Studio gegangen, die Gitarren größtenteils zu verbannen. Mit Drum-Computern und Synthesizern Musik zu schreiben, war für mich aber völlig neu – ich bin ja von Haus aus Gitarrist. Das Bild repräsentiert diese Hinwendung zur elektronischen Musik ganz gut, denke ich. Das alles hat mir teilweise aber auch richtig Angst gemacht, weil ich nicht sicher war, ob ich das hinbekommen würde. Aber diese Unsicherheit ist auch eine gute Sache. Sie fordert dich heraus.“
Der Nigerianer Fela Kuti gilt als Begründer des Afrobeat. Wegen homophoben und frauenfeindlichen Äußerungen („Frauen sind Matratzen“) war er allerdings auch umstritten.
„Afrobeat wäre nichts ohne ihn. Zudem eine starke politische Stimme … Er ist frauenfeindlich, sagst Du? Ja, die nigerianische Kultur ist generell sehr frauenfeindlich. Roald Dahl (norwegisch-walisischer Schiftsteller – Anm. d. Red.) war auch Antisemit, was aber nicht notwendigerweise seine Literatur zunichtemacht. Es gibt Aspekte im Leben von Künstlern oder Personen allgemein, die ich nicht mag, aber ich muss nicht ihren Charakter bewerten. Du musst kein guter Mensch sein, um gute Kunst zu machen. Das ist keine Entschuldigung dafür, ein Arschloch zu sein. Aber ich muss einen Menschen nicht mögen, um seine Kunst zu schätzen.“
Jean-Claude Van Damme schlug sich als Kurt Sloane 1989 durch den Film „Kickboxer“ – ein Sport, der es auch Kele angetan hat.
„Van Damme plant ja offensichtlich ein Comeback, nicht wahr? Auch wenn ich ein paar Stunden Unterricht im Kickboxen genommen habe, bin ich weit entfernt davon, ein Leistungssportler zu sein. Ich hatte mir an Silvester vorgenommen, dieses Jahr eine Kampfsportart zu lernen. Was mich am Boxen fasziniert, ist die Idee, dass sich da jemand ganz auf seine Willenskraft verlassen können muss. Er muss die Stärke von irgendwoher holen, letztlich aus sich selbst. Auch, wenn er sich immer wieder einen einfängt und am Boden liegt und müde ist. Das ist sehr inspirierend.“
Die vor allem von Schwulen besuchte New Yorker Disco „Paradise Garage“ war zwischen 1977 und 1987 the place to be.
„Nach dem, was ich über das Paradise Garage gelesen habe, waren die Achtziger einfach eine großartige Epoche zum Tanzen. Die Leute lebten quasi im Club. Es war alles auf das Tanzen und die Erfahrung des Tanzens selbst ausgerichtet. Das ist eine wunderschöne Sache. Das vermisse ich heutzutage, wenn ich ausgehe. Ich habe aber auch das Problem, dass ich einfach nicht der Typ bin, der die ganze Nacht durchtanzt. Irgendwann werde ich müde. Und ich halte nichts davon, mich mit Drogen wachzuhalten. Ich gehe also meistens, bevor es tatsächlich verrückt wird und alles aus dem Ruder läuft.“
Der nigerianische Literatur-Nobelpreisträger Wole Soyinka wird in Keles Blog ( www.iamkele.com/blog) unter der Rubrik „People I like …“ aufgeführt.
„Ah! Wole Soyinka. Eine sehr inspirierende Persönlichkeit. Nigerianer. Großartiger Bart, großartige Frisur (lacht). Er ist ein sehr offener Kritiker des nigerianischen Militärregimes. Dabei ging er so weit, dass es lebensgefährlich für ihn wurde. Doch auch als er ins Exil ging, hat ihn das nicht daran gehindert, immer offen zu sagen, was er denkt und woran er glaubt. Ich finde, das ist eine großartige Haltung. Er ist immer wieder gegen Korruption aufgestanden, hat sich nie kleinkriegen lassen. Ein wahrhaft mutiger Mann.“
In Irland startete Kele seine Solo-Tour. In einem Interview mit dem irischen Magazin „State“ rühmte er Irland als „besten Platz der Welt zum Songschreiben“.
„Wann soll ich das gesagt haben? In einem Interview mit einem irischen Magazin? Da habe ich wohl gelogen, um etwas Nettes zu sagen. Ich bin generell kein Typ fürs Landleben. Ich bin in Liverpool geboren und fühle mich in Großstädten am wohlsten. Als wir Intimacy (das dritte Bloc-Party Album – Anm. d. Red.) in Südengland aufgenommen haben, war die nächste Stadt zwei Stunden entfernt. Das war mir zu einsam. Ich könnte mir nicht vorstellen, an solch einem Ort zu leben.“
In einem Interview mit dem Schwulenmagazin „Butt“ sprach Kele Anfang des Jahres erstmals über seine Sexualität und sagte offen: „I am queer.“
„Darüber möchte ich nicht reden.“
Nur eine Frage: War das Outing der richtige Schritt?
„Entschuldigung, aber darüber werde ich wirklich nicht sprechen.“
Sowohl mit Oasis als auch mit Johnny Lydon verbindet Kele eine Feindschaft. Rotten soll ihn rassistisch beleidigt haben. Oasis haben Bloc Party immer wieder als „Weicheier“ verunglimpft.
(Kele schaut die Bilder angewidert an) „Ach, … nein.“
Sie möchten nichts dazu sagen?
„Nein.“
Kele als Besucher der Londoner Fashion Week.
„Oh Gott, wo habt Ihr das denn ausgegraben?! Was sind das für Schuhe, die ich da trage? Hm, Du willst wissen, ob Mode wichtig ist in meinem Leben? Puh … (überlegt lange). Ich mag es, wenn Dinge schön anzusehen sind. Ich weiß nicht … Ist Mode wichtig für mich? Es geht eher um eine gewisse Ästhetik, die ich schätze. Durch meinen Beruf bin ich dem Licht der Öffentlichkeit ausgesetzt. Ich bin mir also stärker darüber bewusst, wie ich aussehe, weil ich Bilder von mir in Zeitschriften und im Fernsehen sehe. Das ist ein schmaler Grat, weil ich kein bestimmtes modisches Image von mir rüberbringen will, aber gleichzeitig möchte ich mich schon in einem guten Style präsentieren.“