Curtis Mayfield


Nach seinem tragischen Bühnenunfall erlebt der legendäre Soul-Stylist eine unerwartete Renaissance: HipHop-Crews sämtlicher Coleur lassen anno '93 Samples aus seiner Feder grooven.

Chicago, 195 5: Ein schwarzer Gitarrist und Sänger, der wie kein anderer zum Hymnen-Lieferant einer Generation avancieren sollte, steht am Anfang seiner Karriere. Sein Name: Curtis Mayfield. Im Juni 1942 geboren, schlägt sein Herz zunächst ausschließlich für Gospelsongs. denen er gebannt jeden Sonntag in der Kirche lauscht. Zu ersten eigenen musikalischen Gehversuchen kommt es erst, als Rock ’n‘ Roll und vor allem Rhythm & Blues an die Ohren des gerade 13jährigen dringen. Insbesondere die Hits der Coasters versetzen Klein-Curtis in eine so euphorische Stimmung, daß er selbst diverse Vokalgruppen gründet.

Darunter auch The Roosters, die 1957 in The Impressions umbenannt werden. Bereits die erste Single — „For Your Precious Love“ — wird ein Hit, worauf sich der damalige Sänger Jerry Butler von der Band trennt und eine Solo-Karriere startet.

Die nächsten drei Jahre kräht kein Hahn mehr nach den Impressions, doch 1961 wendet sich das Blatt. Mit „Gypsy Woman“ beginnt ein atemberaubender Aufstieg in höchste Chart-Regionen. Mayfields unverkennbare Falsettstimme und seine aussergewöhnlichen kompositorischen Fähigkeiten sind die Garanten des Erfolges. Bis 1970 verbuchen die Impressions mehr als 30 Hits, darunter so legendäre Songs wie „Keep On Pushing“, „People Get Ready“ oder „We’re A Winner“. Als Martin Luther King Millionen gegen Rassenhaß und Unterdrückung mobilisiert, tönen diese Lieder aus unzähligen Lautsprechern. 1970 trennt sich Mayfield von den Impressions und startet eine beispiellose Solokarriere. Inzwischen hat er mit „Curtom“ sein eigenes Plattenlabel gegründet und verkündet selbstbewußt: „WirSchwarzen sollten viele eigene Läden gründen, stau uns weiter von Weißen ausbeuten zu lassen. „Zwanzig Jahre später verhelfen Rapper wie Ice-T oder Public Enemy diesem Autonomie-Gedanken erneut zu großer Popularität. Von 1970bis 1974istCurtis Mayfield auf dem Zenit seines Könnens, in diesem Zeitraum entstehen unverwüstliche Klassiker wie „Move On Up“, „Pusherman“ oder „Give Me Your Love“. Der Soundtrack zum Blaxploitation-Film „Superfly“ wird zum Millionenseller und verhilft dem eher unspektakulären Streifen bis heute zu Weltruhm.

Das 75er Album „There’s No Place Like America Today“ kann musikalisch hingegen nicht mehr voll überzeugen. „Einige sehr müde Songs in mittlerem bis langsamen Tempo“, registriert die Zeitschrift „Sounds“. Bis 1985 tritt Curtis Mayfield regelmäßig mit eigenen Alben an die Öffentlichkeit und komponiert zudem eine Reihe von Soundtracks. Zwar erreicht er das Niveau früherer Werke nur noch selten, aber seine Genialität als Sänger und Komponist blitzt zumindest immer wieder auf. Dann jedoch wird es für fünf Jahre recht still um ihn. Statt im Studio sitzt Mayfield lieber gemutlich bei seiner Familie und kümmert sich um Frau und Kinder.

Erst 1990 wagt er mit „Take It To The Streets“ ein Comeback, arbeitet gleichzeitig mit Rappern wie Ice-T an einem Soundtrack für das geplante „Superfly“-Remake und gibt in Europa umjubelte Konzerte. Nachdem früher vor allem Reggae- und Soul- Stars seine Songs gecovert hatten, entdecken nun diverse HipHop-Crews, daß man zur Musik von Curtis Mayfield vortrefflich rappen kann. Folglich sprudeln die Lizenzgebüren und sein Name ist wieder in aller Munde. Die Zukunft sieht rosig aus, bis am 14. August 1990 bei einem Konzert in New York ein Beleuchtungsmast auf ihn stürzt. Von den Schultern an gelähmt, ist die Soul-Legende seitdem auf den Rollstuhl angewiesen. Niemand weiß, ob Mayfield je ins Aufnahmestudio zurückfinden wird.