Crosby, Stills, Nash & Young
KNAPPE ZEHN JAHRE HAT’S GEDAUERT, DASS CROSBY, Stills, Nash und Young wieder zusammen eine Bühne betraten. Fast genauso lang brauchen sie nun, dieselbige zu verlassen. Dreieinhalb Stunden und über 30 Songs lang kredenzen die vier Woodstock-Veteranen auf ihrer US-Reunion-Tour – ihren ersten gemeinsamen Konzerten seit den paar kärglichen Auftritten zum letzten Album „American Dream anno 1990 – einen Feinklang-Marathon, der kaum einen der Hits und „Hits“ des Quartetts CSN&Y und des Trios CS&N auslässt. Überall wo sie aufschlagen, ob West- oder Ostküste, versetzen die harmonischen Vier ausverkaufte Arenen voller Baby Boomer in Entzücken. Verkauft wird hier schließlich eine Zeitreise in die idealistische Hippie-Vergangenheit, zurück in eine Ära, in der Corporate America der Klassenfeind und Flower Power mehr als ein Werbeslogan für Autohersteller war. Bezahlt wird diese Reise freilich mit corporate bucks – bis zu 400 Mark sind besser situierten Althippies die ersten Plätze wert. Klar, dass es da für das bloße Einlaufen der Musiker schon ausgewachsene Standing Ovations gibt.
Die Bühne ist schummeriggemütlich. Spärliche Beleuchtung, Kerzen, Holzfiguren, ein breiter Teppich, Rä’ucherstäbchen und antike Stehlampen sollen trotz des gigantischen Konzertrahmens Wohnzimmeratmosphäre vermitteln. Eine Instrumentenkollektion wird aufgefahren, mit der man gut und gerne ein ganzes Orchester ausstatten könnte: ein Klavier, eine Orgel und ein Synthie für Nash allein, ein ganzer Gitarrenladen für die restlichen drei. Donald „Duck“ Dünn und Jim Keltner helfen an ßass und am Schlagzeug aus.
Dissonanzen gibt es heute abend nicht. Crosby, Stills, Nash und Young (im obligaten Holzfällerhemd) harmonieren in jeder Hinsicht: die Vocals klingen jungenhaft – nur Stephen Stills macht da bisweilen die Ausnahme -, kraftvoll und scheinbar unfehlbar, die Gitarrenparts greifen mit einer Perfektion ineinander, wie man sie von eingespielten Altprofis erwarten darf. Die Herren selbst – deren konkurrierende Egos in der Vergangenheit schon mal für Turbulenzen sorgten – haben sichtlich Spaß an der Sache und albern herum wie Schuljungs bei Hitzefrei. Nash warnt die erste Reihe, auf die Nebentätigkeit von Kollege Crosby als Samenspender anspielend: „uon t get too dose, you might be pregnant by the end of the show.“ Neil Young rebelliert kein bisschen, stellt musikalisch dennoch klar, wer die Trumpfkarte in dem Viererblatt ist: Mit wedelndem Resthaar stampft er sich immer wieder durch Gitarrensoli von Rockern aus seinem Solokatalog wie „Cinnamon Girl“, „Southern Man“ oder „Down ByThe River“. Überhaupt, Rock: der erste – elektrische – Teil des Sets beweist mit Songs wie „Stand And Be Counted“ und „Pre-Road Downs“, dass da bei Youngs Kollegenschaft trotz Frührentneralters noch einiges geht. Besinnlich wird’s dann nach der Pause im akustischen Teil des Sets, der Altes und Neues organisch vermischt: „Helplessly Hoping“,“Our House“, die Young-Nummern „Old Man“ und „After The Goldrush“, Songs vom neuen Album „Looking Forward“ „Dream For Hirn“ und „Out Of Control“, dazu „Guinnevere“ und – natürlich – „Teach Your Children“. Und immer noch weiter geht’s mit einem ausgedehnten Zugabenblock, für den neben „Woodstock“, „Ohio“ und Stills‘ „Love The One You’re With“ sogar der alte Buffalo Springfield-Klassiker „For What It’s Worth“ ausgegraben wird, bevor es mit Youngs „Rockin‘ In The Free World“ noch mal zur Sache und mit einem verbindlichen „Long May You Run“ schlussendlich in die Heia geht. Und wenn sie sich nicht zerstritten haben, kommen die vier freundlichen Herren und ihre Nostalgie-Revue demnächst vielleicht auch auf Deutschland-Tournee.