Coolio


Mister Artis Ivey Jr. aus Compton/LA. läßt sich Zeit. Erst darf sein Sänger Larry Sanders alias L.V. eine Viertelstunde lang belanglosen Kuschel-Funk präsentieren, dann schlurfen dunkel bemützte Fettdaunenanoraks geheimnisvoll auf der Bühne herum, um gleich wieder zu verschwinden. Endlose Minuten später: Drei Rapper entern die Bühne, die Turntables von D.J. Fat Box kreischen und plötzlich ist Coolio da. In schwarzem T-Shirt, Jeans und als Teamworker, der seine Reime gerecht verteilt und sich nicht in den Vordergrund spielt. Aber das Publikum jetzt in den Groove zu bringen, will dem Vierer an den Mikrofonen nicht so recht gelingen. Zu wenig packend sind die Loops von Fat Box auf Dauer, zu wenig abwechslungsreich der Rap, den Coolio und Co. dazu abliefern. Die zur Halbzeit zugestiegene Band bietet lediglich einen abgegriffenen 70er-Jahre-Funkteppich, der durch den miesen Sound nicht unbedingt besser wird. Da nutzt Coolio dann der lockere Plausch mit dem Publikum wenig. Aber Respekt: das Team auf der Bühne gibt noch nicht auf. Es folgt ‚Sampin‘ New‘ vom aktuellen Album Gangsta’s Paradise“ und ein Publikumsspielchen: Die linke Hälfte darf „One two, three four get yer wonan on the floor“ skandieren, die rechte Hälfte „so you gonna get up to get down“. Das bringt Punkte, zumindest bei den vorderen Zweihundert. Dann laufen die ersten Takte zu ‚Gangsta’s Paradise‘. Endlich geht die halbleere Halle richtig mit und sogar der blauweiß bemützte B-Boy am rechten Bühnenrand, der vorher unter seiner Coolness beinahe regungslos zusammengebrochen wäre, kommt in Bewegung. Auf der Bühne flackert Theaterlicht, eine unsichtbare Choreographie zieht die jetzt in schwarze Gospel-Roben gehüllte Coolio-Mannschaft in den Sog des Nummer 1 Hits. Dazwischen der beleibte L.V. wie ein Racheengel in glänzendem Himmelblau.

Und Coolio, mit nacktem Oberkörper, die Magie zwischen Band und Publikum in sich aufsaugend. Zeit für die Zugabe: Die Band ist in Fahrt, die Rapper sind euphorisiert, die Chorsätze geraten so richtig schön aus den Fugen — die Arbeit ist zu Ende, der Spaß beginnt. Jetzt könnte das Konzert losgehen. Aber das Publikum ist ermüdet. Es fordert keine weitere Zugabe. Mr. Artis Ivey Jr. aus Compton/L.A. hat sich in München zu viel Zeit genommen.