„Comeback“ für Eric Burdon – zumindest im Film


Nomen est omen - auch in diesem Fall? In Berlin und Los Angeles entstand ein Film, der Anfang nächsten]ahres unter dem verheißungsvollen Titel "Comeback" in die Kinos kommen soll. Hauptdarsteller dieses Rock'n'Roll-Dramas ist Eric Burdon. Unter der Regie von Christel Buschmann gibt er einen vom Business geschundenen Prototypen ab; Parallelen zu seiner eigenen Geschichte eingeschlossen.

Was für ein Tag. In Berlin werden Häuser geräumt. Wie ein Verräter schlängelt man sich im Taxi zum Drehort, wo die letzten Szenen für Christel Buschmanns neuen Film abgedreht werden. Eric Burdon spielt die Hauptrolle in dem Streifen, der vermutlich „Comeback“ heißen wird. Fünfte Etage eines Fabrikgebäudes, natürlich ein Loft Eine Oase in einem Hexenkessel. Hinter verschlossener Tür wird gedreht, draußen wird geflüstert. Jeweils um „Halb“ werden die Nachrichten angestellt, leise, viele Ohren um einen Lautsprecher. Nichts vom Tode des 18-jährigen Demonstranten, nur Stellungnahmen von Politikern.

Eric Burdon liegt, wie in jeder freien Minute, in der Ecke auf dem Bauch und pinselt äü seinen Comics. Er wirkt erstaunlich straight, vor allen Dingen hat er reichlich abgenommen. Er meistert die Dreharbeiten wie ein Profi. „Ich glaube, daß die Musik ihn als Schaupieler geformt hat,“ meint seine Partnerin Julie Carmen, seine Film-Ehefrau Tina. „Ich bin sicher, daßernicht einmal ahnt, vrasfür ein Schauspieler er ist. Er besitzt einen guten Instinkt.“

Eric Burdon träumt bekanntlich seit Jahren von „seinem“ Film. „Comeback“ ist sein Film und ist es auch wieder nicht. Schwer, eine konkrete Stellungnahme aus ihm herauszuholen. „Wir stecken noch mittendrin“, versucht er auszuweichen. Er mag nicht mehr. Es ist Abend, er hat Hunger und auch schon ein bis zwei Wodka zuviel drin. „Christel ist der Regisseur und hat das Drehbuch geschrieben. Ich bin nur Schauspieler.“ Natürlich stand das Schicksal Enc Burdons Pate für jenen „Rocco“, an dem Christel Buschmann den Widerspruch zwischen Selbstverwirklichung und kommerziellen Zwängen darstellen will. Die Story beginnt etwa dort, wo Vorbild Eric sich einst in Kalifornien etablierte, dort künstlerisch und menschlich vor die Hunde ging, um dann für kurze Zeit nach Deutschland zu gehen. Eric lebte in Hamburg, Rocco zieht es nach Berlin. Zurück in die Anonymität kleiner Clubs zunächst und von dort aus wieder „nach oben*.

„Ich spiele Eric Burdon vor zehn Jahren, einen Typen, der meiner Persönlichkeit sehr nahe kommt. Ich meine, daß ich das hinter nur habe, meine damalige Situation eigentlich so auch nie heraufbeschwören wollte. Vor zehn Jahren fühlte ich mich in meiner Position sicher. Egoistisch und in dem Glauben, einer privilegierten Klasse anzugehören; beschützt von der Polizei, umsorgt von Roadies und von Groupies bedient. Irgendwann habe ich dann gemerkt, daß ich mir eigentlich immer etwas vorgemacht habe.“

Damit zum anderen zentralen Thema des Filmes: nämlich der chaotischen Beziehung des Rockstars zu seiner Ehefrau: er betrügt sie, sie knallt sich mit Drogen voll und vernachlässigt daraufhin wiederum ihre Tochter. „Wenn du deinem Ruf als Rock’n’Roller voll gerecht werden willst, dann ziehst du die Menschen, die dir nahe stehen eben mit hinein. Das ist mir nach und nach klargeworden.“

Inwieweit die Methoden der Musikmafia im Film mit denen identisch sind, die ihn trafen, war aus Eric nicht herauszuholen. „Ich habe Glück daß ich lebe“, orakelt er dazu nur. „Die meisten von ihnen sind tot. Ich liebe es nunmal mit dem Teufel zu dealen.“ Prost.

Ein Teil des Films wurde in Los Angeles abgedreht. Julie Carmen, die dort auch lebt, wußte ursprünglich nicht viel von Eric Burdon. Christel hatte sie in einer (inzwischen prämiierten) Nebenrolle in „Gloria“ gesehen und daraufhin für den Film engagiert. Julie war begeistert von der Idee, in einem europäischen Filmprojekt einmal der weitgehend leichtgängigen amerikanischen Unterhaltungskost zu entkommen. Bei einer Freundin fand sie sogar einen Stapel alter Animals-Platten. Und als Eric bei ihrem ersten Treffen in einem japanischen Restaurant dann auch noch dasselbe Gericht „ohne Reis“ bestellte, war für sie auch noch die letzte Barriere gefallen.

Mit Jörg Pfennigwerth geistert übrigens noch ein alter Bekannter durch die Szenerie, nicht weniger schillernd als seinerzeit sein „Gibbie Westgermany“, in Christel Buschmanns Filmdebüt. Eric Burdon trat darin kurz als Portier einer Absteige am Hamburger Steindamm auf. Nur ein paar Schritte entfernt von unserer Redaktion, falls es interessiert.

Während der Dreharbeit fühlte er sich jetzt manchmal: „wie der Typ in ‚Stuntman‘. Es geht darin um die Paranoia, die der Darsteller seinem Regisseur gegenüber entwickelt. Ein Spiel zwischen Himmel und Hölle. So ist es mir auch mit dieser Lady hier ergangen.“

Diese Lady hier hat am Modell Eric Burdons, den sie schon lanqe kennt, der sie fasziniert, eine übergeordnete Figur geschaffen. Einen Rock’n’Roller, der das Business in Form seines Managers zwar besiegt, am Ende aber erschossen wird. Geplanter Höhepunkt: Das „Comeback“-Konzert mit Erics neuer Band, aufgezeichnet im Berliner Metropol. Der Film soll Anfang des kommenden Jahres anlaufen.

Eric selbst lebt wieder in Kalifornien in einer Situation, deren Schizophrenie er inzwischen zwar erkannt hat, ihr nach wie vor aber ausgeliefert ist. Erstens, so erklärt er, habe er dort über die Medien die größte Chance, neue Ideen an den Mann, also an potentielle Käufer zu bringen. Zweifellos ein wichtiger Aspekt, wenn man gerade dabei ist, eine neue Band anzukurbeln. Und davon abgesehen, „daß ich dort nunmal den besten Smoke der Welt kriege“, nehmen ihm „die Gangster in Amerika weniger Steuern ab als die Gangster in Großbritannien“ und ist „LA die offenste Szene, die es gibt.“ Eric Burdon haßt Städte.

Was er offensichtlich auch haßt, ist „dieses ganze Punk-Ding, was mich sowas von tierisch nervt“. Er schweift zurück zu James Dean, kommt über die ersten geklauten „Niggergriffe“ auf merkwürdigen Wegen zu den Beatles und schließlich zu John Lennon. „Kein Wunder, daß den jemand abgeknallt hat. Wieso haben die auch in diesem grauenvollen schwarzen Turm gelebt zwischen all den Millionären da und von Telefon aus Ackerbau und Viehzucht betrieben? Da kann ich überhaupt nicht drauf. Für mich habe ich schon eine Lösung gefunden, ich weiß, wo mein utopischer Traum liegt. Ich weiß schon, wie ich aussteigen werde!“

Bist du sicher? Er grinst: „Nee!“