Carolyne Mas – Hamburg, Markthalle
Ich war nicht sonderlich gut drauf, als ich zum Mas-Konzert in die Markthalle ging, das im Rahmen der Rockpalast-Specials vom WDR aufgezeichnet wurde. Fünf Konzerte an fünf Tagen im gleichen Laden – das ist heavy. Moon Martin hatte ich mir schon geschenkt (und angeblich nicht viel versäumt) und hatte den hervorragenden Gig von Roger Chapman (siehe ME S. 66/67) noch voll im Ohr. Was sollte mich also heute noch vom Teppich reißen?
Weit gefehlt, denn … aber der Reihe nach. Trotz Carolyne’s guten Insider-Images war die MH nicht ausverkauft, jedoch gut gefüllt. Die ersten dreißig Minuten des Gigs schienen mich in meiner Stimmung zu bestätigen: was da von der Rampe kam, war gut, aber es machte mich nicht richtig an. Auch die Fans waren ruhig, abwartend. Doch daß Frau Mas wesentlich mehr Biss hat als die meisten ihrer weiblichen – wie männlichen – Kollegen, bewies sie in den folgenden rund hundert Minuten. Die machten das über zwei Stunden dauernde Konzert zu einem echten Erlebnis! Carolyne fightete, wie ich kaum einen Rockmusiker(in) habe arbeiten sehen! Und sie entschied diesen Fight eindeutig für sich, ihre Musik und das Publikum. Wie oft will man sagen… und er verausgabte sich bis an den Rand seiner Kräfte…‘ – bei Carolyne Mas stimmt es! Sie hat für mich alles, was man sich auf der Bühne wünscht: Sie ist eine intelligente Sängerin, charmante Wildkatze, Kobold, ja oft Clown, sie hat Power, Power und nochmals Power, sie kann schmeicheln, liebkosen und glashart fetzen. Carolyne Mas ist locker, konzentriert, überzeugt und wirkt überzeugend. Und sie hat eine Band im Nacken, die ihr wirklich aus der Hand frißt und dabei doch aus reifen Musikern besteht. Den besten Eindruck auf mich machten Drummer Vince Barranco, der mörderisch treibt und einen satten Grouve hat, Pianist Charles Giordano mit seinem exakten, rockigen, wie bluesigen Spiel und Saxophonist Chrispin Cioe mit seinem intelligenten, jazzigen, wie harten Strahlerton-Spiel. Ausgekochte Burschen, denen man glaubt, daß sie eine bestimmte Phrase genau für dich in diesen Augenblick ‚erfinden‘, was natürlich nicht so ist, denn sie sind allesamt Routiniers, die wissen, wie man ein Publikum anmacht.
Höhepunkt des Konzertes war „Sittin‘ In The Park“, ein Stück voller Steigerungen, Überraschungen und solistischer Kabinettstückchen; wen konnte es da wundern, daß sich Carolyne Mas mit rund einem halben Dutzend Zugaben bedankte und ebenfalls überglücklich war?