Calexico, Köln, Normal Records und E-Werk


Kleine Köln-Tournee von jedermanns Lieblings-Tucsonesen: nachmittags im Laden, abends ausladend.

Gedränge bei Normal Records am Eigelstein in Köln: Calexico spielen an einem der letzten schönen Spätsommertage im Hinterzimmer des Plattenladens einen kleinen Instore-Gig. Joey Burns stimmt erst mal ausführlich die Gitarre. Aus dem Herumgezupfe werden leise Akkorde. Dazu erzählt er mit tiefer, schwerer Stimme eine Art Geschichte, deren Inhalt man irgendwie nicht folgen kann, doch lässt man sich von diesem atmosphärischen Wohlklang gern umschmiegen und einlullen.

Alle warten andächtig, nachdem das letzte Wort verklungen ist „Der spricht ja Englisch!“, ruft ein kleines Kind von den Schultern seiner Mutter in die Stille hinein. Gelächter überall, Joey antwortet auf Deutsch: „Genau!“, und das kleine, feine Set beginnt. Es kommt ohne die bekannten Hits aus, dafür gibt es lange nicht Gehörtes und: eine Instrumentalversion (!) der Calexico/lron&Wine-Zusammenarbeit „He Lays In The Reins“ (wenn wir richtig hingehört haben). Man wird sich erst wieder bewusst, was für eine toll variationsreiche, auch bis in die hohen Töne glasklare Stimme der alte Obersympath Joey Burns hat. Sie verabschieden sich viel zu schnell mit dem Verweis auf das „richtige“ Konzert am Abend: „We have ice cream there and babysitters backstage!. erklärt Joey verschmitzt, bevor draußen noch Platten signiert werden.

Der Altersdurchschnitt am Abend ist höher als sonst auf Konzerten im E-Werk(Karnevalsveranstaltungen ausgenommen). Die ewige „Indie“-Szene ist heute woanders, das Publikum angenehm gemischt.Auch die Mutter aus dem Plattenladen ist da, vom Kind keine Spur. Calexico sind zu siebt, vier Amerikaner, zwei Deutsche, ein Spanier, und alle beherrschen ihr Instrument saugut, ohne dass sich jemand durch ostentatives Überagieren in den Verdacht schnöden Muckertums bringen würde. Im Gegenteil: Wenn John Convertino mal trocken, mal sphärisch trommelt, wenn beim Refrain von „Alone Again Or“ sechs Leute ins Mikrofon singen, wenn Paul Niehaus’Pedal Steel schluchzt, als ginge da hinter der Bühne gleich die Wüste von Arizona los, wenn Volker Zander kurzerhand seinen Kontrabass lauter dreht, damit der den Leuten erst so richtig in die Mägen fährt, und Joey Burns sehnsuchtsvoll singt, dann steht mit Calexico die Leidenschaft auf der Bühne und will alles mitreißen. Und das ist so gut, so toll, so herzerwärmend, dass die Leute gar nicht gehen wollen. Im Saal ist schon Licht, doch die Band wird noch einmal herausgeklatscht. Ein freudig erregter Joey Burns erzählt noch was von „remember November“ und macht Werbung für Obama-geschenkt. Hauptsache, das mit dem Babysitter stimmt.

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