Calexico
Die amerikanisch-deutsche Freundschaft zwischen Grandezza und Zustandsverwaltung.
„So jung kommen wir nicht mehr zusammen“, nölt Dirk von Lowtzow. und beeindruckend ist nicht nur die ewige Gültigkeit dieses Tocotronic-Songs. Sondern auch, daß just in diesem Augenblick Peter Rüchel einen der Balkone des Palladiums entert: Obwohl öffentlich-rechtlich seit Jahren pensioniert, geht der Godfather Of Rockpalast mit Ende 60 weiterhin auf Rockkonzerte. So möchte man in dem Alter auch noch drauf sein, huscht es einem durch die Synapsen. Dann sind Calexico dran. Spätestens seit dem vorletzten Album Feast Of Wire sind sie eine lupenreine Konsensmilchband, auf die sich jede Menge Leute einigen können: die Endvierzigerin mit dem „Brigitte-Abo“, der Sekundarstufe II-Lehrer mit Wildlederflicken am Ellenbogen – und natürlich auch der Indie-Hörer, der den kreativen Nukleus der Band noch aus anderen Zusammenhängen kennt. Wir sprechen kurz „Spoke“ vor uns hin, und dann wundern wir uns. Weil Mikroständer und ein Teil des Instrumentariums mit Efeu-Girlanden aus Plastik verziert sind. Für Folklore solcher Art ist die Formation aus Tucson, Arizona, eigentlich nicht zuständig – nach den ersten Songs ist der dämliche Tand auch erst mal vergessen. Denn das Spiel der sechs Musiker – fantastisch die Trompeten von Martin Wenk und Jacob Valenzuela, phänomenal das so lässige wie präzise Schlagzeugspiel von John Convertino. das für sich genommen schon Geschichten erzählt – ist große Klasse. Und wie Joey Burns mit Leidenschaft von Sehnsucht. Fernweh und dem Traum von Grenzenlosigkeit singt, das hat fraglos eine große Portion Stil. „The Crystal Frontier“ und „Minas De Cobre‘ sind längst Klassiker, die Songs des aktuellen Albums Garden Ruin indes wirken live seltsam blässlich. Und wie es Calexico bei „All Systems Red‘ schaffen, so matschig-überladen zu klingen wie Coldplay, bleibt ein Rätsel. Genau wie der Plastik-Efeu.
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