Bryan Ferry: Das wäre aber nicht notig gewesen:
Der Musikexpress zieht die Ausrutscher der Großen und Guten unter dem Teppich der Geschichte hervor
Bryan Ferry – Mamouna (1994)
Blutleer, klischeehaft, gelangweilt: Mr. Roxy Musics zweites Album in den neunziger Jahren. Nach der nur unerheblich ungrässlicheren Coverversionen-Sammlung „Taxi“ aus dem Vorjahr, auf der er es geschafft hatte. Screamin‘ Jay Hawkins‘ „I Put A Spell On You“ den letzten Zauber zu nehmen, kam Bryan Ferry 1994 mit „Mamouna“ daher. Ein Album voller Eigenkompositionen plus Überraschung! – seiner ersten Zusammenarbeit mit Brian Eno, seit dieser vor mehr als zwanzig Jahren Roxy Music verlassen hatte. „Wildcat Days“ hieß das Stück, hätte aber auch von Dieter Bohlen co-geschrieben und produziert werden können, weil es den restlichen neun blutleeren, seelen- und einfallslosen Songs auf „Mamouna“ in nichts nachstand. Äonen von Gitarrenschichten türmten sich auf, Sequencer blubberten, Schlagzeuger arbeiteten wie Rhyhmusmaschinen, und Bryan Ferry greinte über die Nachteile des Lebens als satter, gelangweilter Pop-Millionär am Rande der Selbstparodie. Anmachversuche hatte Ferry schon subtiler formuliert als mit Worten wie „Where do we go from here / Your place or mine (als ob das eine Rolle spielen würde) / What do you want from me (als ob er das nicht ganz genau wüsste) / And is there time“ (na gut, dem Reim verpflichtet). „Mamouna“ hatte in seiner vordergründigen Stylishness noch relativ gut zum Neon-Schick der achtziger Jahre gepasst. Aber die Achtziger waren ja auch schon vier Jahre und neun Monate vorbei. Und die frühen Neunziger stellten andere Anforderungen. Satte Pop-Stars, die im Selbstzitat stecken blieben und die eben mal eine Platte herausbrachten, weil das besser ist als eine Bank zu überfallen, waren damals nicht gefragt. Und, ganz ehrlich, die Frauen auf Roxy-Ferry-Backcovers wirkten auch schon einen Hauch unfassbarer als die auf „Mamouna“.