Bruce Springsteen


„LA OLA“ SCHON MINUTEN, BEVOR DER erste Ton aus den Boxen donnert. Die 11.000 sind gekommen, um ihren „Bruuuuce“ zu feiern. Den Mann, der nach der nur so mittelspaßigen „Tom Joad“-Solotour die Boys wieder zusammengetrommelt hat: Miami Steve van Zandt, Poser mit Piratentuch, der sich irgendwann mal vor staksiger Coolness ein Bein brechen wird; Nils Lofgren, Winzling, aber ein Großer an den sechs Saiten, Clarence „Big Man“ Clemmons, Saxophonist und Stimmungskanone mit der Figur eines Passauer Bauernschranks; dazu die Stoiker aus der zweiten Reihe „Mighty Max“ Weinberg, Keyboarder Danny Federici, Pianist „Professor“ Roy Bittan, Bassist CarryTallent plus Bruces Herzdame Patti Scialfa. Jemand vergessen? No, Sir! Okay, dann los: Hier sind sie, Ladies und Centlemen, zum ersten Mal seit zehn Jahren wieder gemeinsam auf einer Bühne: Bruce Springsteen & The E-Street-Band. A one – two – three – four… und ab dafür, 170 Minuten lang, ohne Pause, und alles ist wieder da: der Cinemascope-Rock, erhobenen Hauptes der Waschküchen-Akustik der Olympiahalle trotzend, die zum Weinen schönen Balladen, die großen Gesten, die Schweißflecken unter den Achseln – und es fällt einem jene wunderbare Zeile ein, die den Rock’n’Roll definiert: „We learned morefrom a three-minute-record than we ever learned in school.“ Die stammt von dem 49jährigen da vorne auf der Bühne, der den Eindruck erweckt, er würde am liebsten jeden einzelnen im restlos aufgekratzten Auditorium („Gimme five, man“) abklatschen. Gänsehautmomente gibt’s ohne Ende: Etwa als beim wunderbaren „If I Should Fall Behind“ nacheinander auch Miami Steve, Nils Lofgren, Patti Scialfa und Clarence Clemmons aus dem Dunkel ans Mikro treten; oder beim behutsam elektrifizierten „Mansion On The Hill“ und bei „The River“. Partystimmung pur dagegen bei „Thunder Road“ und „Out In The Street“, bei „Bobby Jean“ und – natürlich – „Born To Run“. „Born In The U.S.A.“ erspart er sich und uns, serviert zum Finale lieber einen neuen Song,“Land Of Hope And Dreams“. Dorthin, in jenes Land, fühlen sich die euphorisierten Konzertbesucher für knapp drei Stunden versetzt und spüren, daß der Rock’n’Roll von Zeit zu Zeit doch alle Versprechen erfüllt, die er je gegeben hat – und ein paar mehr.