Bonbonbunt: Gwen Stefani


Unsere Stefani: Ein sympathisches Singvögelchen im güldenen Käfig.

Wer Popstar sein will, muss was können. Aber zuviel Talent ist auch nicht gut. Gwen Stefani zum Beispiel: trifft auch in einer gut gefüllten Kölnarena die Töne und kann („Wind It Up“) sogar ein bisschen jodeln, doch als eine der großen Stimmen ihrer Generation wird sie nicht in die Geschichte eingehen. Sie, die in zwei Jahren 40 wird, trägt schon kurz nach ihrer Schwangerschaft wieder bauchfreier als die meisten 19-jährigen, aber die „Harajuku Lovers“, ihre vier asiatischen Tänzerinnen, bewegen sich deutlich graziler. Ob Stefani ein Instrument beherrscht, gibt sie nicht preis, aber auf ihre Band ist so sehr Verlass, dass sie das auch nicht muss. Und sie hat Hits im Gepäck, Hits für fast jeden Geschmack, jede Laune und jede Jahreszeit, Hits wie „Rieh Girl“, „Hollaback Girl“ oder „4 In The Morning“, aber die unvergängliche Dreieinhalbminutensymphonie für die Ewigkeit ist ihr noch nicht gelungen.

Wenn Gwen Stefani zum Titeltrack ihres 2006er-Albums Sweet Escape das Podest, auf dem ihre Musiker stehen, in der Mitte teilt und im goldenen Käfig aufs Publikum zurollt, wird man von der Vielzahl der denkbaren Metaphern schier erschlagen. Was will sie uns sagen? Dass sie ein süßes Singvögelchen sei, unfähig, dieser Welt aus Glanz und Glamour zu entfliehen? Oder doch eher ein verruchter Vamp, gewandet im schwarz-weiß gestreiften Glitzerbody, der mit den Knastwärtern dieser Welt Backe-Backe-Kuchen spielt? Oder dient der ganze Zinnober, das Peng und Blitz und Tanz und Hüpf, nur dem einen Zweck: sieht geil aus?

Die Kölner goutieren das bonbonbunte Brimborium im Dolce&Gabbana-Look gewohnt begeisterungswillig. „You don’t know how it is to be me“, schmeichelt Gwen und wirkt hinter all dem Make-up tatsächlich bewegt. „Ich komme aus Anaheim in Kalifornien. Und ihr seid es, die mir ein solches Leben ermöglichen.“ Da hat sie Recht, mag man denken, und ertappt sich dabei, dieses Vermarktungskunstwerk aus Indie-Kitsch, Modelabel (L.A.M.B.) und öffentlichen Mutterfreuden auch noch sympathisch zu finden. Die Show, fast im Stile einer klassischen Bühnen-Revue, ist ja tatsächlich keine Minute langweilig. Und als Stefani von der Bühne steigt, um einen ganzen Song lang („Cool“) – verfolgt von Spotlight und Bodyguards – möglichst jedem in der Halle die Hand zu schütteln, ist auch der böswilligste Kritiker für einen Moment wie verzaubert. Wie gut, dass sie zuletzt noch ein neues Album von No Doubt ankündigt. Hoffentlich kann man die dann wenigstens wieder aufrichtig verachten.

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