Blumfeld: Andere mögen Plattitüden verbreiten. Jochen Distelmeyer und die seinen aber meinen, was sie sagen.


Dem Jochen gehts gar nicht gut. „Ich weiß nicht woher, weiß nicht wohin / Ich weiß nicht warum ich lebe/ Nur dass ich am Leben bin“, greint Blumfeld-Frontmann Distelmeyer in „Graue Wolken“, der Single aus dem vierten, programmatisch betitelten Album „Testament der Angst“ (Kritik S. 67). Die Ironie an der Sache: Der Song hört sich richtig frühlingshaft beschwingt an, etwas wie „You Get What You Give“ von den New Radicals. „Das Krasse an dem Stück ist die Spannung zwischen den beiden Ebenen – der schönen Melodie und dieser Ich-kann-nicht-mehr-Stimmung“, so der Hamburger Songpoet Distelmeyer, der mit seiner Gruppe vor nunmehr zehn Jahren das erste Album („Ich-Maschine“) veröffentlichte und damit zum gefeierten Helden des deutschen Alternative-Pop avancierte. Was also macht ihm so zu schaffen? Kurz gesagt: alles. Die Welt inklusive Menschen und „System“, die widersprüchliche Tatsache, selbst ein Teil von alledem zu sein, was er verachtet.

Das neue Album hat laut Jochen Distelmeyer den Anspruch,“eine berechtigte Punkhaltung“ anzunehmen und das Genre des Protestsongs dem Mainstream zu Gehör zu bringen. So hangeln sich die neun Stücke von der Kritik („Anders als glücklich“) über die Anklage („Die Diktatur der Angepassten“) bis zur nackten Verzweiflung („Testament der Angst“). Aufgelockert wird das Ganze durch zwei Liebeslieder, in denen sich Distelmeyer über das Gelingen seiner Beziehung freut. Doch selbst wenn dies nicht der Fall wäre, fände er Trost: „Das Schreiben dient mir dazu, dass ich mich auf eine Art befreiter und gelassener fühle.“

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