Billy Joel
"Earl's Court", London
Joels Ankunft in Britannien war nicht zu übersehen. Sie fiel mit der Trennung von Christine Brinkley zusammen, die allüberall für skurrile Stories und ein hämisches Revival des einst ihr gewidmeten Songs „Uptown Girl“ sorgte. Joel konterte die ungebetene Publicity mit einem überraschenden Auftritt, wo er Presse und Gäste mit einer Kombination aus Fragestunde und Konzert amüsierte. Die dreistündige Session fand diesmal vor einem Studentenpublikum in Oxford statt. Eigene Songs wechselten mit Parodien auf Springsteen, Dylan und Sylvester Stallone, Ausschnitten aus Werken von Mozart und Beethoven – und eben jener Fragestunde. „Gewisse Songs hat man sehr schnell satt „, erklärte Joel. „Man legt sie beiseite und wartet, bis sie wieder frisch und aktuell werden. ,Uptown Girl‘ ist solch ein Song…“ Ein paar Tage später erreicht das Mitgefühl, das Joel aus einem 10.000 Seelen starken Publikum entgegenschlägt, Ausmaße auf der RichterskaTa. Joel ‚weiß das in einer cleveren Mischung aus Humor und Showmanship zu schätzen. Mehrfach versichert er der versammelten Gemeinde, so schlecht gehe es ihm nun auch wieder nicht… Das Gefühl, daß hier einer in den sauren Apfel beißt, obwohl ihm nicht danach zumute ist, verleiht auch banaleren Songs Charakter. Seine Band verlegt sich ganz auf Routine, wobei Crystal Tallefare, die sonst in Springsteens Band zuhause ist, Songs wie „River Of Dreams“ oder „An Innocent Man“ ein Flair handfester Erdigkeit verleiht. Bei Balladen wie „Scenes From An Italian Restaurant“ und „Wavemen“ hat die Firma Kleenex Hochkonjunktur. Fazit: Joel hat ein ausgesprochenes Talent dafür, seinen Alltag in die Show einfließen zu lassen, ohne dabei aufdringlich zu ‚wirken.