Berlin-Neukölln hat jetzt ein Zentrum für moderne Kunst


Seit 2012 wurde saniert, nun eröffnet das KINDL – Zentrum für zeitgenössische Kunst in der ehemaligen Brauerei im Rollberg Kiez.

Der Berliner Stadtteil Neukölln ist einer der Bezirke, die in den vergangenen Jahren wohl den größten Wandel erfahren haben und in dem unterschiedlichste Lebensrealitäten oft umso deutlicher aufeinander prallen. Hier stehen Brennpunktschulen neben Hipster-Cafés, Shisha-Bars neben dem Späti, in dem sich junge Kreative ihr Craftbeer ebenso holen wie Arbeiter ihr Sterni.

Am vergangenen Wochenende eröffnete in der ehemaligen Kindl-Brauerei im Rollberg-Kiez ein neues Zentrum für zeitgenössische Kunst – und damit ein weiterer Beweis für den Wandel in Neukölln. Den Namen der Brauerei trägt das KINDL – Zentrum für zeitgenössische Kunst weiterhin und auch sonst zeigt man sich sehr behutsam im Umgang mit der Umgebung und den vorgefundenen Räumlichkeiten.

2005 stellte die Kindl-Brauerei ihren Betrieb in Neukölln ein und verlagerte die Produktion nach Weißensee. 2011 verliebte sich das Schweizer Ehepaar Burkhard Varnholt und Salome Grisard in den denkmalgeschützten Klinkerbau aus den Zwanziger Jahren und begann 2012 mit der Sanierung. Der Ausstellungsraum im Kesselhaus wurde im Herbst 2014 eröffnet, am vergangenen Samstag folgte die dreigeschossige Fläche im Maschinenhaus sowie das ehemalige Sudhaus, in dem auch nicht-kunstaffinen Besuchern ein Café mit angrenzendem Biergarten offen steht.

Der zwanzig Meter hohe Raum des Kesselhauses, der zur Hälfte weiß gefließt ist und deckenhohe Fenster besitzt.
Im 20 Meter hohen Kesselhaus lässt David Claerbout das Berliner Olympiastadion verrotten.

Unter der künstlerischen Leitung des Schweizer Kurators und Kunstkritikers Andreas Fiedler liegt der Fokus auf Kunst im öffentlichen Raum und der Auseinandersetzung mit dem Thema Zeit. Aktuell präsentiert der belgische Künstler David Claerbout im 20 Meter hohen Kesselhaus seine Videoarbeit „Olympia“, eine Real-Time-Projektion, die mit suggestiver Langsamkeit das Berliner Olympiastadion über tausend Jahre hinweg digital verrotten lässt. Im Maschinenhaus findet eine thematische Gruppenausstellung zur Fragestellung „How Long Is Now?“ statt. Gleichzeitig präsentiert der in Berlin lebende Künstler Eberhard Havekost mit der Ausstellung „Inhalt“ seine Malerei, für die er eigene oder gefundene Fotografien digital bearbeitet und als Vorlage für seine Bilder benutzt.

Ein Bild von Eberhard Havekost, auf dem ein verschwommenes in fließenden Gelb-, Orange- und Schwarztönen zu sehen ist.
Der in Berlin lebende Künstler Eberhard Havkost hinterfragt die Authentizität von Bildern.

Neben der reinen Kunst soll das KINDL – Zentrum für zeitgenössische Kunst auch zum Ort für Musik, Konzerte und Lesungen werden. Der nicht ganz unbegründeten Sorge einiger Anwohner vor der drohenden Gentrifizierung des jetzigen Brennpunktbezirks (im nahegelegenen Schillerkiez stiegen die Mieten innerhalb von sieben Jahren um 89 Prozent!) begegnete man von Anfang an mit offenem Dialog: mit Gästeabenden und Gesprächsrunden zur Geschichte der Brauerei lud man die Nachbarschaft zum Austausch ein. Von elitärem Kunstmarkt-Profitstreben bisher also keine Spur, das KINDL –Zentrum für zeitgenössische Kunst hat definitiv Potenzial zur neuen Kunsthalle Berlins zu werden.

Vor der Eröffnung wurde bereits ein Video veröffentlicht, in dem die Betreiber die Räumlichkeiten vorstellen:

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Jens Ziehe/Photographie kindl-berlin.de
KINDL - Zentrum für zeitgenössische Kunst http://www.kindl-berlin.de/havekost