Berlin Festival


Besser organisiert, ein großartiges Line-up – und doch Besucherrückgang auf dem alten Flughafen Tempelhof

Schwarzer Peter für James Blake. Ausgerechnet der Newcomer des Jahres hat den undankbarsten aller Festivalslots abbekommen: den ersten am ersten Tag. Bereits um 14 Uhr muss der Brite ran. Und dann auch noch an einem Freitag. Da arbeiten viele – auch in Berlin. Doch Blake macht den Nach- zum Vorteil: Noch ist niemand betrunken; die Chancen, sich an Blakes Auftritt am besten von allen erinnern zu können, sind entsprechend groß. Tatsächlich wird man noch während der polternden Sets von Skrillex und Mr. Oizo in den frühen Sonntagsstunden immer wieder Besucher vom Monsterbass schwärmen hören, mit dem James Blake seine fragilen Klanggebilde abriss. Gelungener Einstieg also, against all odds.

Sowieso ist viel gelungen an diesen beiden Tagen: Angefangen beim geschmackssicheren Line-up von Pantha du Prince über Battles bis zu The Rapture. Dazu ist das Gelände des stillgelegten Flughafens 2011 deutlich besucherfreundlicher aufbereitet als im Vorjahr: Die Schleusen zur seitlich der Hauptbühne gelegenen Hangar-4-Stage, an denen es 2010 zu so starken Drängeleien kam, dass die Veranstalter das Festival abbrechen mussten, gibt es nicht mehr. Alle drei Bühnen sind frei zugänglich, niemand wird geschubst, auch in den größten Massen ist noch viel Luft zum Atmen und Platz zum Tanzen. Das mag allerdings auch am Besucherschwund liegen: Gut 15 000 kamen, ein Viertel weniger als im Vorjahr. Aber bis 2012 der Vorverkauf beginnt, wird wohl ausreichend von den vielen Höhepunkten dieses Festivals berichtet worden sein, sodass die verlorenen Kinder zurückkehren werden. Von Primal Scream wird mit leuchtenden Augen erzählt werden, wie man sich zur Aufführung ihres psychedelischen Meisterwerks Screamadelica wie auf einer Hippiewiese fühlen durfte. Von der Souveränität, mit der die kalifornischen Noise-Rocker Health Präzision und Chaos, Brutalität und Eleganz zusammenführten, und natürlich von der Rückkehr der Beginner, den Headlinern des Samstags: Denyo, DJ Mad und Eißfeldt befriedigten die Nostalgiegelüste der Um-die-30-Jährigen, präsentierten sich mit modernisiertem Sound ihrer Klassiker aber auch als Band der Gegenwart und gaben einen Ausblick auf ihre Zukunft. Wenn sie den auf „Live Is Life“ basierenden Theme-Song „Eizi Eiz“ als Single veröffentlichen, dann haben die Beginner ihren ersten Nummer-eins-Hit. Sie sollen es aber bitte nicht tun. Die Nummer Sicher soll dann doch Kollegen wie dem überlassen bleiben, den Eißfeldt scherzhaft als nächsten Act im Programm ankündigte: „Einen Song haben wir noch und dann kommt DJ Tomekk.“ Dass das nicht geschah, war noch nicht einmal der schönste Moment in Tempelhof.