Berghain: Der Berliner Techno-Club wird jetzt zur Kunsthalle
Kunst-Schau statt Party: Ab dem 9. September beteiligt sich das Berghain an der Berlin Art Week. Wer hat Bock drauf?
Ab dem 9. September wird das Berghain vorübergehend zur Kunsthalle: Über 100 Kunstwerke auf über 3000 Quadratmetern zeigt die Ausstellung „Studio Berlin“. Wer sich nun in die legendäre Schlange vorm Berghain stellt, darf garantiert hinein – und das sogar schon unter 18.
Not macht künstlerisch
An der Fassade des Berghains prangt derzeit ein riesiger Banner. „Morgen ist die Frage“ steht darauf in fetten schwarzen Buchstaben. Eine Aussage, die viel Spielraum für Interpretationen lässt – und zugleich sehr treffend die aktuelle Situation beschreibt. Wie viele andere kulturelle Institutionen blicken auch die Clubs seit mehreren Monaten in eine ungewisse Zukunft. Das Morgen wird zur großen Frage. Wann wieder getanzt und ausgelassen gefeiert werden kann, weiß zurzeit niemand. So ist es auch nach wie vor nicht abzusehen, wann das Berghain wieder seinen gewohnten Betrieb aufnehmen kann. Dennoch sind seine Türen nun wieder geöffnet. Und zwar für die Kunst.
„Ein Moment von Hoffnung und konstruktivem Denken“
Vor einigen Monaten erhielten die Berliner Kunstsammler*innen Karen und Christian Boros ein ungewöhnliches Angebot. Der wohl berühmteste Techno-Club der Welt fragte an, ob sie Teile ihrer Exponate im leerstehenden Berghain zeigen wollten. Das Sammlerehepaar willigte ein. Ihre Zusage war Startschuss für die Verwandlung, die den Club zum Ausstellungsort für „Studio Berlin“ machte.
„Ich glaube, es ist sehr spannend, zu sehen, wie die Kunst mit schwierigen Räumen ringt“, sagte Christian Boros im Gespräch mit dem Radiosender „Deutschlandfunk Kultur“. „Es ist nicht nur der Mythos des einen Ortes, sondern es ist die Idee, dass man jetzt übergreifend über die Szenen zusammenarbeiten muss“. In der aktuellen Zeit sei es wichtig, gemeinsam zu wirken anstatt sich abzugrenzen, so Boros. Zusammen müsse man der Frage auf dem Grund gehen: „Was können wir tun, dass wir einen Moment von Hoffnung und konstruktivem Denken wiederbekommen?“
Die Boros‘ fragten wiederum verschiedene Künstlerinnen und Künstlern an, deren Werke sich in ihrer Sammlung befinden. Dazu zählen unter anderem Wolfgang Tillmans, Alicja Kwade oder Olafur Eliasson. Alle hätten sogleich zugesagt und ihrerseits sogar noch weitere weniger bekannte Künstler*innen angeworben, teilte Boros der „Zeit“ mit.
Vielfalt auf 3500 Quadratmetern
Insgesamt 117 Artists haben sich letztlich an dem Projekt beteiligt. Gemeinsam mit der Kuratorin Juliet Kothe wurde daraufhin die umfangreiche Kunst-Schau entwickelt. Diese erstreckt sich über die verschiedenen Räume des Berghains, die nun mit über 100 Kunstwerken gefüllt sind.
Ein Großteil der ausgestellten Arbeiten sind in Berlin während der letzten Monate entstanden. Viele von ihnen spiegeln die Auseinandersetzung der Kunstschaffenden mit der Corona-Pandemie wider. Manche bilden die wechselhaften Gefühle jener Zeit ab, aus anderen spricht wiederum die blanke Ironie.
Auch Keanu Reeves schaute vorbei
Mit seiner „Studio Berlin“-Ausstellung beteiligt sich das Berghain an der Berliner Art Week, die heute startet. Bei der Art Week zeigen 20 Institutionen, 13 Sammler sowie zehn Projekträume und drei Messen ihr Programm.
Gestern, am Dienstagabend, feierte die Ausstellung im Berghain ihre große Eröffnung. Zur Vernissage tauchten sogar Hollywood-Schauspieler Keanu Reeves und Alexandra Grant auf. Reeves ist seit Mitte Juni in der Hauptstadt, um „Matrix 4“ zu drehen. Im Juli besuchte er bereits das Privat-Museum von Christian Boros.
Die Ausstellung soll so lange laufen, bis der reguläre Clubbetrieb wieder starten kann. Der Eintritt beträgt 18 Euro – kaum mehr als eine durchschnittliche Partynacht.