Bequem auf der unsicheren Seite


Fink: „Du musst Dir die Möglichkeit geben, Fehler zu machen. Wenn du versuchst, das auszuschließen, bist du ein toter Mann.“ Das sagt Nils Koppruch, ein lebender Mann, was im Umkehrschluss nicht heißt, dass er in letzter Zeit recht viele Fehler gemacht hätte. Es hat sich nur eine Menge getan für ihn und seine Band Fink. Da geht’s ja schon los: Eine Band im klassischen Sinn sind Fink seit dem Weggang von Drummer Henning Wandhoff und Gitarrist Dinesh Ketelsen gar nicht mehr. Eher ein loses Kollektiv um zwei Fix-Mitglieder, Marke Calexico. Und mit denen haben Koppruch und Bassist/Gitarrist Andreas Voss abgesehen von Teilzeit-Mitglied Martin Wenk (Trompete in Tucson und Hamburg) ja schon grob den musikalischen Ansatz (Country im weitesten Sinne mit Fühlerstreckung in diverse Richtungen) gemein. Das fünfte Fink-Album Haiku Ambulanz (eine Hommage an das hyper-lakonische Gedicht „Haiku Ambulance“ des Beat-Poeten Richard Brautigan) war noch nicht weit gediehen, als klar wurde, dass Ketelsens Beruf als Studio-Betreiber mit der Mitgliedschaft in einer ambitionierten Band nicht mehr vereinbar war. „Wir haben unsere Proben und Sessions nur noch um Dineshs Zeitplan rumgebaut“, sagt Koppruch. Immer weniger mit dem Herzen dabei war dann auch Wandhoff, der seine Energie in das Soloprojekt Mountaineer steckte. Noch bevor das Album fertig war, stiegen die zwei aus. Für Koppruch schade, aber kein Drama: „Klar, bei jeder Trennung bleibt so ein Stachel, dass man’s nicht geschafft hat. Andererseits gibt’s wenige Bands, die lange zusammen sind und bei denen nicht die künstlerische Neugier darunter leidet.“ Vor auf-der-Stelle-Treten schauderte ihm. „Ich hatte Schiss, wenn wir zusammen bleiben, dann wird die Platte eine Summe von Kompromissen.“ Einmal unabhängig, wollten Koppruch und Voss sich jetzt „nicht gleich wieder verheiraten“, sondern setzten bei Haiku Ambulanz neben der Mitarbeit von assoziierten Finken wie Wenk, Geiger Ecki Heins (Cow) und des Erlangener Pedalsteel-Gitarristen Oliver Stangl auf die Ohren von Leuten, die im Fink-Orbit bislang wenig zu kreisen hatten: Weil sie mit dem Album, wie es in der Rohfassung vorlag, mehr Akzent auf Rhythmik legten, kontaktierten sie Turtle-Bay-Country-Club-Macher und Bass-Meister Mathias Arfmann. Der war unabkömmlich, doch es ergaben sich Kontakte zu Carsten Meyer (alias Erobique) und Lee Buddah, beide eher aus der Dance/HipHop-Ecke, die dem bunt collagierten Vietklang von Haiku Ambulanz Noten verliehen. Koppruch: „Die Idee war: Mal gucken, was jemand, für den das, was wir machen, ein fremdes Ding ist, für Ideen dazu hat. Funktioniert’s oder funktioniert’s nicht?“

Und weil man gerade die neue Dynamik so genoss und sich Koppruch auch marketingtechnisch „nicht da bequem machen wollte, wo man schon mal war“, trennten sich auch die Wege mit Finks Label L’Age D’Or. Koppruch hatte keine Lust, „nochmal das alte Programm zu fahren“, sah wenig Leidenschaft und beschloss den Abgang. „Wir verließen Lado ohne zu wissen, was kommt.“ Es kam das kleine Qualitätslabel Trocadero. „Natürlich kann man versuchen, auf der sicheren Seite zu bleiben. Aber es ist einfach ein gutes Gefühl, wieder frisch, mit neuen Leuten auf Abenteuerreise zu gehen.“ Na denn: Gute Fahrt. >>> www.finkmusik.de