Benjy Ferree
Benjy Ferree ist Fan: von Musikern, von Musik, von Filmen und Filmemachern. Seine Liebe zum Kino hätte er gern zum Beruf gemacht. Der offene, freundliche Mann aus Washington DC zog gar nach Los Angeles – um als Au Pair bei David Lynch anzuheuern, „Ich liebe seine Filme“, lächelt er. „Ich bin wahrscheinlich sein größter Fan. „Was sich ihm in Hollywood tatsächlich bot, war, so Ferree, verstörend: „Überall diese Plastikmenschen. Falsche Brüste, falsche Nasen,falsche Wangenknochen, falsche Bauchmuskeln. Ich war desillusioniert. Das war schlimmer, als ich es mir je vorgestellt hätte – und ich bin nicht gerade ein besonders naiver Mensch.“ Sein erstes Album leaving the nest erzählt indirekt von diesen Erfahrungen: Einerseits impliziert es den Verlust der gewohnten Umgebung, andererseits auch den etwas kopflosen Aufbruch zu neuen Ufern, der Ferree schließlich zur Musik führte. Sein Songwriting ist das Gegenteil der Plastik weit, die er in L.A. vorgefunden hat: Es ist zurückhaltend, beinahe traditionell. Und auf eine schmeichelhafte Art und Weise schüchtern. „Songs hatte ich bis dato nur zu meinem eigenen Vergnügen geschrieben „, erzählt er. „Erst als meine Freunde [darunter Brendan Canty von Fugazi, der auch bei der Produktion half] mich dazu ermutigt haben, auch mal was aufzunehmen, habe ich überhaupt in Erwägung gezogen, dass Musik mein Ding sein könnte.“ Er kratzt seinen Bart, zupft am Kragen seines Hemdes. Kein Wunder, dass ein Mann wie er sich in Hollywood nicht zu Hause fühlen wollte. „Ich schaue mir Filme ab sofort lieber wieder im Kino an „, meint er. Und für die Zeit außerhalb der selbst gewählten Scheinwelt hat er etwas Wahres, Echtes, Ungeschminktes geschaffen. Die Platte ist unter den Songwriter-Alben, wenn man bei Hollywood bleiben will, was ein Lynch unter den Kinofilmen ist: Ein manchmal düsteres, manchmal unbequemes Werk, das seinen Platz fern des künstlich hergestellten Schönheitsideals gefunden hat. Benjy Ferree leaving the nest (Domino)