Bei den Aufnahmen zu Sundown To Sunrise zeigten Vivid, daß sie echte Sturköpfe sein können


Denkt man an amerikanischen Alternative-Rock, fallt einem sofort eine Stadt mit „S“ ein: Salzgitter. Okay, gemeinhin genießt der Ort nahe Braunschweig nicht unbedingt den Ruf einer ultimativen Brutstätte des Indie-Rock. Daß Ausnahmen aber doch hin und wieder die Regel bestätigen, zeigt das Beispiel Vivid. Mit ihrem Gespür für eingängige Hooklines zwischen Rock und Pop und dank eines Sängers, der in puncto Pathos oft – nicht ganz ohne Häme – mit Eddie Vedder verglichen wird, katapultierten sich die Söhne der Stadt gleich mit ihrem ’97er Debütalbum „Go!“ und einem “ Hamburger Nachwuchspreis zur Förderung nationaler Popmusik“ in die Liga der heißesten Newcomer der Republik. Was auf den ersten Blick wie ein raketenartiger Aufstieg erscheint, ist in Wirklichkeit das Ergebnis zäher Bemühungen: Vor acht fahren gründeten Sänger Thomas Hanreich (27), Gitarrist Matthias Kloß (28), Bassist Holger Schmidt (30) und Drummer Torsten Kluske (27) die Band, die sie nach dem Titel einer Living Colour-Platte benannten: Vivid. Es folgten popelige Lokalkonzerte, Wettbewerbe, das volle Programm. Erst die 1994 in Eigenregie produzierte EP „Sungodown“ brachte den Stein ins Rollen: Jens Krause, Ex-Produzent von Fury in the Slaughterhouse, wurde auf die Talente aufmerksam, und ein Deal mit einer großen Plattenfirma folgte Nach 65 000 verkauften Exemplaren von „Go! muß sich nun zeigen, ob Vivid mit ihrem zweiten Album („Sundown To Sunrise“) an den bisherigen Erfolg anknüpfen können. Beim Gespräch im Hamburger Büro der Plattenfirma kramt Matthias Kloß eine Kopfschmerztablette aus seiner gut bestückten Reiseapotheke und erzählt: „Wir waren nach der langen Tour richtig froh, ins Studio zu gehen“. Viel Arbeit wurde das Ganze trotzdem. Denn während bei „Go!“ das meiste Material lange fertig war, fingen Vivid nun von vorne an: „Wir mußten alle Stücke neu schreiben – ganz zu schweigen von dem ganzen Computerscheiß“, greint Schlagzeuger Torsten, an dem die Computersachen offenbar hängengeblieben waren. Genauso schlimm geschlagen war nach Ansicht der Band Produzent Peter Walsh (Peter Gabriel, Heaven 17). „Unser Produzent zu sein, ist ein ganz undankbarer Job“, so Schmidts kritische Selbsteinschätzung, „jeder von uns hat andere Vorstellungen, und wir sind wahnsinnige Dickschädel.“ „Bei Musik hört die Freundschaft halt auf, schmunzelt Torsten, „wenn du eine Melodie furchtbar findest, bist du nicht diplomatisch, sondern du sagst, ‚das finde ich zum Kotzen! Wenn das reinkommt, mache ich nicht mehr mit!'“ Eine schwere Geburt also, aber alle sind letztlich zufrieden. „Wir können jetzt von der Musik leben. So eine Chance kriegst du doch nur einmal im Leben.“