Behrendt: Ein Fenster aus Jazz
Ein neues Buch:
Ein Fenster aus Jazz Von Joachim Einst Berendt S. Fächer Verlag, 428 S., 38.-DM Deutlicher noch als diese Lektüre erleuchtete eine „Vollstreckbare Ausfertigung“ vom Landgericht Stuttgart die Jazzscene kaum daß das Buch gedruckt war. Denn eine Passage aus dem letzten Kapitel, dem „Brief an einen jungen Jazzkritiker“, die angebliche Mauscheleien eines internationalen Fachjournals mit Plattenfinnen anprangert, darf dem Vergleich zufolge „weder wörtlich noch sinngemäß!‘ verbreitet werden.
Aus dreißig Splittern -Bssays, Portraits, Reflexionen [teilweise früher einzeln erschienen) — wollte Berendt, erklärtermaßen der einflußreichste Jazzpublizist Deutschlands, eine Lupe schmelzen und schleifen, durch die der Jazz, diese irriäerende Kunstform einer schnellebigen Zeit, in Momenten des [nnehaltens klarer gesehen werden sollte. Das hätte gelingen können — Ansätze sind unbestreitbar — wenn daraus nicht unversehends ein Spiegel geworden wäre. Denn Berendt verwendet verdächtig viele Seiten darauf, sich zu rechtfertigen: Warum er Macher und Kritiker in einer Person ist und die und jene Platte mit dem und jenem Künstler produziert hat. Unbefangenen Lesern könnte das Buch suggerieren, daß alles was swingt in Deutschland und möglichst noch bis Amerika, vom , Jazzpapst“ (Jazzerjargon) initiiert worden sei; und wo nicht, da drohe etwa „Die neue Faschistoidität“. Überdies hat der Spiegel Risse, wo eingestreute Sticheleien gegen Konkurrenten und Kollegen wohl von Insidern genossen, von Außenstehenden aber gar nicht verstanden werden.
„Den Igel aus dem Bau zu locken“ verspricht Berendt im „Intro“, „ein Fenster aufzu« stoßen“ – der Jazz als kulturpolitischer Faktor hätte es verdient gehabt.