Bee Gees


Alt ist wieder in. Kaum raffen sich die australischen Brüder Gibb in ihrem amerikanischen Exil ein weiteres Mal auf, die Welt mit mehrstimmigen Gesängen, seichten Hits aus der Mottenkiste und gefühlsschwangerem Brimbamborium zu beglücken, steht die Jugend dieser Republik auch schon Gewehr bei Fuß. Ausverkauft waren fast sämtliche Konzerte dieser Tournee auf Anhieb. Ausverkauft aber nicht etwa durch arrivierte Mittvierziger, die ihre verblaßten Teenager-Erinnerungen auffrischen wollten, sondern erstaunlicherweise durch nachgewachsenes Jungvolk.

Mit „Ordinary Lives“ von ihrem aktuellen Album ONE gelingt Maurice, Robin & Barry (plus neunköpfigem Anhang) gleich der zündende Einstieg. Die durchweg bestuhlte Arena kocht bereits beim ersten Ton, allerdings auf derart introvertierter Stufe, daß man befürchten mußte, am Ende des Konzerts eine Im- statt einer Explosion zu erleben.

Irgendwie kurios mutet die Szenerie schon an: Auf der einen Seite drei Herren gesetzten Alters, die Mitte der 60er Jahre mit schmusigem Schmalz a la „New York Mining Desaster“ den Soundtrack zum ersten Petting lieferten, auf der anderen ein junges, sittsames Publikum, das sich an den perfekt intonierten Evergreens Marke „World“, „How Deep Is Your Love“ oder „Staying Alive“ labt wie seinerzeit bei der Speisung der 5000, ohne dabei aber auch nur einmal die Beherrschung zu verlieren. Doch halt – bei der einzigen Zugabe vergaßen sich einige weibliche Fans zum Glück doch noch und stürmten, den eifersüchtigen Freund im Schlepptau, gen Bühne. Zuvor bewiesen die Bee Gees einmal mehr, daß musikalisch recht biederes Handwerk dank modernster Technik wieder Hochkonjunktur hat. So zum Beispiel wenn Barry, der mit seiner hüftsteifen Unbeweglichkeit einem Bruce Springsteen Konkurrenz machen könnte, einen der markanten mehrstimmigen Choräle anstimmt, gefolgt von Robins Hoch- und Maurice Mitteltöner-Organ. Spätestens dann mußte auch der blauäugigste Verehrer merken, daß ein Großteil der Stimmgewalt aus dem Off, sprich aus dem Computer gesampelt kam.

Nichtsdestotrotz erwärmte der antiquierte Watte-Pop letztlich alle Gemüter. Besonderen Verdienst daran hatte namentlich einer: Drummer Chester Thompson, der mit seinen Wirbeln und Breaks frischen Wind in die behäbigen Oldies trommelte. Sein Spiel beeindruckte selbst einen Profi wie Maffay-Trommler Bertram Engel schwer. Das „Saturday Night Fever“ war’s zwar nicht, aber Tür eine wohlige Wärme reichte es allemal.