Beck, London, Brixton Academy


Auf dem Boden hocken so viele Neo-Hippies, daß man sich zu einem der legendären Pink Floyd-Gigs im ‚Roundhouse‘ in die Swinging Sixties zurückversetzt fühlt. Die Floyd-Fans müssen sich allerdings bereits einige Zeit vor Becks Auftritt wieder auf ihre Füße bequemen. Denn es ist inzwischen verdammt eng geworden in der ‚Brixton Academy‘. Köpfe wippen zu ungewöhnlichen Klängen vom Tonband kaum zu glauben: Whodini scheinen über Nacht wieder hip geworden zu sein. Dabei ist das nicht gerade die Art von Rap, die zur Zeit angesagt wäre. Aber genau das ist offenbar Becks Ding: Alles wirkt bei ihm leicht daneben. Zum Beispiel seine Band seit Captain Beefheart’s Magic Band auf dem Back-Cover von ‚Doc At The Radar Station‘ hat man keine so dubiose Ansammlung von Musikern mehr gesehen. Becks Jungs bewegen sich, als ob sie das Geld für die Strobelights sparen wollten abgehackt wie Cartoonfiguren, die noch ausgemalt werden müssen. Die ersten drei Nummern zeigen die verschiedenen Facetten aus Becks Boogie-Repertoire, und allesamt werden sie briliantschlampig runtergespielt. In den darauffolgenden Songs bekommen die guten alten Jefferson Airplane ihr Fett: Beck schafft es gleichzeitig, sich vor der ehrwürdigen Psychedelic-lkone zu verbeugen und ihr den erhobenen Mittelfinger zu zeigen. Und er verläßt sich auf die Sympathie des Publikums, die er dank ‚Loser‘ verbuchen kann, um zu beweisen, daß er ein Mann mit zahlreichen Talenten ist — von denen er eines ganz besonders gut zu beherrschen glaubt: das Spiel auf allerlei akustischen Instrumenten. Das Resultat: akustischer Müll. Es ist nicht deshalb Müll, weil es akustisch ist, sondern vielmehr ist es Müll und akustisch. Wir nähern uns dem Ende der Veranstaltung. Als Zugabe liefert Beck Hansen eine tadellose Prince-Persiflage ä la ‚Adore‘ aus ‚Sign 0′ The Times‘. Und zum Abschied verabreicht der bleiche Mann aus Los Angeles einen furiosen Garage-Hip-Hop-Mix. Wir verlassen den Saal und schwärmen in die Straßen von Brixton aus. Dabei genießen wir das untrügliche Gefühl, jetzt endlich ganz genau zu wissen, wo es langgeht. Taxifahrer hupen ungehalten. Beep, beep, y’all.