B.R.M.C. – Black Rebel Motorcycle Club
Ein Trio, das Ride und Spacemen 3 vereint, mit The Strokes um die Häuser zieht und dem Rock neuen Sinn verleiht.
Der Hype ist ein ungerechtes Phänomen. Im Prinzip kann er jede Band treffen nur muss sie das nötige Glück (oder die richtigen Beziehungen) haben. Vergangenes Jahr schlug der Übertreibungsmechanismus in New York zu auserwählt wurden The Strokes. Weil ihre eigene Szene nicht mehr genug hergab, schickten die Briten ihre Scouts in die Kellerbars von New York, und die entdeckten schließlich „ihre“ neue Band. Der NME platzierte die Entdeckung mehrmals auf der Titelseite und wählte das Debütalbum IS THIS IT zur Platte des Jahres. Komisch eigentlich, dass es nicht Black Rebel Motorcycle Club getroffen hat. Immerhin kommen sie aus demselben Dunstkreis, die beiden Bands sind seit gemeinsamen Konzerten in den Staaten gut befreundet, ein Mitglied des anglo-amerikanischen Trios ist immerhin Engländer. Haben die Trendscouts nicht gründlich genug recherchiert? Ihre Ohren nicht richtig gespitzt? Weggesehen? Vielleicht lag es auch an dem etwas holprigen Namen, der hinter der Band derbe Schweinerocker vermuten ließe. Womöglich aber war alles nur ein unglücklicher Zufall und Black Rebel Motorcycle Club befanden sich zur Zeit der britischen Invasion nicht in New York – die Band stammt aus San Francisco und zog vor kurzem nach Los Angeles. Jawohl, ein unglücklicher Zufall: Hier geht es um eine junge Band, die mit ihrem Debütalbum Ride und Spacemen 3 vereint und in einem Atemzug mit The Jesus And Mary Chain, My Bloody Valentine und The Stone Roses genannt werden darf. Es dreht sich um beseelte Gitarrenmusik, die bewegt und das Zuhören auf sehr intensive Weise einfordert. Und, mit Verlaub, die Strokes sind von solchen Werten Galaxien entfernt. Ähnlich wie sie allerdings sind auch Black Rebel Motorcycle Club noch sehr jung und haben das gewisse Etwas betörenden Pop-Appeal. Nick Jago, der Drummer, gerade mal 23, und der Engländer in der Band, war 1998 auf Verwandtenbesuch in San Francisco. Dass er dabei auf Robert Turner (22, Bass und Gesang) und Peter Hayes (23, Gitarre und Gesang) stoßen und gleich in den Staaten bleiben würde-Schicksal. Rebellisch wie sich die Drei fühlten, genervt von alten Schemata und traditionellen Denkweisen, stellten sie bereits auf ihrer ersten Single die Frage aller Fragen: „Whatever happened to my Rock ’n‘ Roll?“ Und wir spinnen diese Frage auf kollektiver Ebene weiter: Wohin geht die Gitarrenmusik – gibt es ein Zurück zum echten, zum besessenen, zum „richtigen“ Songwriting? Wird es jemals wieder psychedelische Rockmusik geben, in der sich jeder verlieren kann -so ganz und gar?
Mit diesem Debütalbum beanwortet sich die Frage per se, denn B.R.M.C. sind die Weiterentwicklung der oben genannten Bands, sind die Zukunft der Rockmusik. Die Songs der Schwarzen Rebellen reichen vom atmosphärischen Mantrasound bis hin zu psychedelischen Gitarrenwänden mit mehrstimmigem Gesang und lauten, ekstatischen Rock-Ausrastern. Das Spektrum umfasst hypnotisierende Songs wie „Red Eyes And Tears“, spirituell anmutende Elegien wie „Salvation“ oder „Awake“ und Punkrocksongs wie „Whatever Happened To My Rock’n’Roll“ und „Spread Your Love“ -allesamt mit Texten ausgestattet, die abstrakte Empfindungen im spirituellen Sinn mit materiellem Denken verknüpfen. Eine Mischung, wie man sie vor allem von britischen Bands der späten Achtziger und frühen Neunziger kennt. Und allen Songs ist eine Qualität gemein: Sie haben Tiefe. Ride sangen einst „How does it feel to feel?“, B.R.M.C. fragen: „Does it feel too real?“. Nein, tut es nicht -je echter, desto besser. Diese Motorradgang wird noch eine Menge Lärm machen – und The Strokes müssen aufpassen, dass sie bald nicht nur deren Auspuff zu Gesicht bekommen.
www.blackrebelmotorcycleclub.com