Aztec Camera


Es fing damit an, daß das Kölner Konzert ausfiel: Die Anlage von Aztec Camera – so hörte man – war zu groß fürs kleine Luxor. Dann ließ der „Express“ auch noch die Ente zu Wasser, daß Elvis Costello Roddy Frame begleite. Und nun – zwei Tage später – diese kümmerliche Nachtschicht in der Bochumer Zeche mit ca. 300 Besuchern – unter ihnen auch die australischen Label-Kollegen The Go-Betweens. Costello kam – ebenso wie Ry Cooder – vom Band.

Unpünktlich um viertel vor Neun betrat Roddy mit nagelneuer Brikettfrisur und seiner dickbäuchigen Ovation die Bretter, die angeblich die Welt bedeuten. Mit dem Satz „Diese Band heißt Aztec Camera und der erste Song ‚Mattress Of Wire'“ ging’s los – oder auch nicht.

Die Schrammelmusi von Pfadfinder Roddy eröffnete einen beschaulichen, lauwarmen Liederabend, der ohne rechte Höhepunkte dahinplätscherte. 18 Songs er- und verklangen. Ein paar ganz Verwegene bewegten sich; tanzen konnte man das nicht nennen. Selten sprang der Funke über, das Lagerfeuer schwelte mühsam vor sich hin.

An der Band hat es nicht gelegen: Malcolm Ross (g), Campbell Owens (b), Dave Ruffy (dr) und Zusatz-Keyboarder Eddie Kulak spielten sauber und solide. Mehr leider nicht. Auch Roddy traf keine Schuld: Der fragile Schotte bewies Crooner-Qualitäten. Er verrenkte sogar hier und da den Oberkörper, als wolle er einem unsichtbaren Wespenschwarm ausweichen. Seine Soli dargeboten auf der wunderschönen alten Gibson Scotty Moore, seiner schwarzen Schecter oder einer Ovation – veranlaßten selbst den Tonmischer zu einer sauertöpfischen Miene. Also: no comment!

Extrapunkte verdiente sich nur Ex-Ruts D.C. Dave Ruffy, der taktsicher wie ein Metronome – trocken und pfundig seine Felle gerbte. Die Rhythmusgitarre des ehemaligen Orange Juice Malcolm Ross ließ bisweilen Hoffnung aufkeimen, aber nur ein einziges Mal – beim aktuellen „Still On Fire“ – kam es zwischen ihm und Roddy zu einem kleinen Dialog. Interaktion zwischen den einzelnen Spielern oder – noch gewagter!-zwischen Publikum und Band blieb Wunschtraum.

Roddy hat das Charisma eines zu früh gealterten Hippies, der seine Verschmitztheit für Mutterwitz und Ansagen wie „Dies ist ein sentimentaler Song“ („Backwards & Forwards“), „Dies ist von den Doors beeinflußt“ („We Could Send Letters“), oder „Dies ist Arthur Scargal gewidmet („Walk Out To Winter“) für sichere Lacher hält.

In Bochum blieb das Thermometer bei „brav“ stehen: brave Band, brave Songs, braver Applaus. Das Programm – zusammengesetzt aus den frühen Postcard-Singles und dem Material der beiden LPs HIGH LAND, HARD RAIN bzw. KNIFE riß niemand von dem Hocker, von dem man so gerne gerissen wird.

Mit dem wieder akustisch und alleine dargebotenen „Birth Of The Truth“ sollte ein enttäuschendes Konzert ausklingen. Aber gehorsam wie wir Deutschen nun mal sind, forderte man den Azteken drei Zugaben ab. Das letzte Encore „Jump“ entpuppte sich als billige, Feedback-verseuchte Lou Reed/Sweet Jane-Kopie und gab keinerlei Anlaß zu Freudensprüngen. Der Tonkutscher sah magenkrank aus.