Aus Übersee Um Die Welt


Mit bayerischer Blasmusik revitalisiert die Chiemgauer Labrassbanda den zuletzt dahinsiechenden Balkanpop.

“ Alles außerhalb Bayerns ist für uns exotisch. Ob wir in Afrika oder in Hannover spielen, das ist wurscht.“ Stefan Dettl hat sich mit seinem Mundart-Brasspop-Quintett LaBrass-Banda allmählich einmal um den Planeten gespielt. Die Publikumsreaktionen: annähernd identisch. Auf dem Roskilde-Festival schwenken Trachtenträger Bayernfahnen, im simbabwischen Harare bringt die tanzende Menge fast die Tribünen zum Einsturz, und bei einem improvisierten Konzert in St. Pauli erspielen sie sich vor den Augen Rocko Schamonis in Sekundenschnelle ein Publikum von Hunderten. Wie erwähnt, diese Band singt einzig Dialekt. Notwendigkeit, ihre Texte zu übersetzen oder gar in einer anderen Sprache aufzunehmen, empfinden sie nicht. Dettl: „Bairisch ist für uns die beste Art, unsauszudrücken. Da können wir Gefühle auch zwischen den Worten transportieren. Im Hochdeutschen oder Englischen ginge das nie. Diese Sprachen leben wir nicht.“

Letztlich gehe es bei LaBrass-Banda aber „vorrangig um die Musik“. Diese Priorität kommt nicht von ungefähr, schließlich haben alle „Bandas“ (welche Fans verschonen ihre Bands schon mit Verniedlichungen?) einen hoch respektablen musikalischen Background: Jobs in Philharmonieorchestern, abgeschlossene Musikstudien, Engagements in Berlin, Wien, München … Mittlerweile sind alle in der Chiemgauer Gemeinde Übersee (wenn so schon der Ausgangspunkt einer Weltreise heißt) am Chiemsee ansässig. Dort entstand nun das gleichnamige zweite Album der Band — das zweite Album innerhalb von anderthalb Jahren. „Wir haben ja schon vor dieser Band unser Geld mit Musik verdient. Wenn du diszipliniertes Arbeiten gewohnt bist, hast du schnell malzwet Alben zusammen“, erläutert Dettl. Mit ÜBERSEE wollte die Band eine „g’miatlicbe“ Platte aufnehmen, die dennoch „klappern, scheppern und blubbern“ sollte. Zwischen all dieser Gemütlichkeit steckt aber auch eine Power, die sogar die des Vorgängers HABF.DIEHRE übertrifft. In den Strophen von „Bauersbua“ singt Dettl in einem Tempo, das dem alten Scatman John die Sprache verschlagen hätte. „Wir haben kein Instrument, das den Offbeat spielt. Deswegen muss die ,Eins immer drücken und schieben. Deswegen werden wir immer schneller“, erklärt Dettl. Doch auch die Karriere und das Leben in ihr beschleunigen sich. Seit Bandgründung vor zweieinhalb Jahren führte ihre Reise die fünf Spezln vom Chiemsee in Portraits in den TV-Spätnachrichten, in über 250 Konzertlocations, in die Arme von immer mehr Fans, die ihnen hinterher reisen. Eine womöglich unliebsame Verantwortung, die einem da aufgehalst wird? Dettl: „Wenn uns jemand sehen will, dann kriegt der einen schönen Abend von uns. Auch wenn man selbst mal total am Arsch ist. Für die Leben unserer Fans sind wir aber nicht zuständig. Ich denke, dass wir das auch mit unserer ganzen Erscheinung klar machen, dass Selbstständigkeit für uns das Allerwichtigste ist.“