Aus dem großen Prince-Special – alle Alben im Überblick
In unserer Juni-Ausgabe mit großem Prince-Special haben sich Thomas Weiland und Albert Koch alle Prince-Alben vorgeknöpft.
1987: THE BLACK ALBUM (erschienen 1994 bei Warner)
★★★★
Prince wollte nicht immer nur auf den Pop-Thron, sondern seine Nähe zum schwarzen R’n’B bewahren. Deshalb klingt das schwarze Album wie eine Mischung aus James Brown und CONTROVERSY. Bei Warner Brothers war man aber nicht allein deshalb empört. Der offen vorgetragene Wunsch nach bezahltem Beischlaf mit Supermodel Cindy Crawford und andere deutliche sexuelle Anspielungen wurden angesichts einer erstarkten Moralistenbewegung in den USA als falsches Signal gewertet. Die in limitierter Auflage gepresste Platte wurde kurzerhand wieder eingestampft und kursierte lange nur auf dem Schwarzmarkt. 1994 erschien sie dann offiziell. (tw)
1988: LOVESEXY (Warner)
★★★ 1/2
Im Grunde eine durchdachtere und kommerziellere Variante von THE BLACK ALBUM. Zwei der besten Tracks, „Alphabet St.“ und „Positivity“, sind Funk-Monster. In „I Wish U Heaven“ kommt der allgegenwärtige Wunsch nach Körpernähe sehr sinnlich zum Ausdruck. Der Rest wirkt etwas eilig zusammengebastelt. Ihm fehlt die überdurchschnittliche Eingebung und das unwiderstehliche Knistern. Dinge, derentwegen Prince Mitte der 80er einen Stammplatz in der Hautevolee des Pop ergatterte. (tw)
1989: BATMAN (Warner)
★★
Als „Purple Rain“ in die Kinos kam, stürzten sich alle nur auf die Musik. Bei „Batman“ war es genau andersherum. Alle wollten Nicholson, Keaton und Basinger sehen. An den Soundtrack erinnert sich kaum jemand. Prince war mit dem Job als Zulieferer hoffnungslos unterfordert und bot nur anämische Dutzendware an, die womöglich aus Halde-Resten stammt. Allein „The Future“ verbreitet mit Avancen an Acid House und Techno unterkühlte Magie. (tw)
1989: THE SCANDALOUS SEX SUITE (Warner)
★★
Was vom BATMAN-Soundtrack übrig blieb: eine 30-minütige, schwüle Schlafzimmer-Suite, bei der des Prinzen damaliges Verhältnis Kim Basinger ein paar Worte hauchen darf. Klischee-triefender, von Rotlicht beleuchteter Beischlaf-R’n’B ist das (mit Ausnahme des trockenen Funks von, ähem, „Sex“) mit den übelsten Saxofonklängen seit der eigentlich ruhmreichen Erfindung des belgischen Instrumentenbauers Adolphe Sax. (ko)
1990: GRAFFITI BRIDGE (Warner)
★★★★
Wieder ein Soundtrack, dieses Mal über ein Doppelalbum verteilt. Der gleichnamige Film war ein Riesenflop, weshalb zur Strafe kaum jemand Notiz von der Musik nahm. Klar, Hitsingles für den Mainstream-Markt sucht man vergeblich. Aber GRAFFITI BRIDGE hat Substanz. Prince nahm wieder einmal die schwarze Club- und Popkultur ins Visier, was eine überraschend umfangreiche Gästeliste (George Clinton, Mavis Staples, The Time) noch unterstreicht. Die Dance-Jams sind durchweg gelungen und auch die Songqualität lässt besonders bei „Melody Cool“ oder „Round And Round“ nichts zu wünschen übrig. (tw)
1991: DIAMONDS AND PEARLS (Warner)
★★★ 1/2
Nach mehreren kommerziellen Reinfällen wird man bei Warner langsam nervös. Selbst Fans finden, Prince brauche neue Kraftressourcen. Also präsentiert er seine neue Band The New Power Generation, die nicht etwa den exaltierten Stil von The Revolution wiederauflädt. Ökonomisches Spiel steht im Vordergrund. Dass ihr Chef mit diesem Album wieder in die Charts zurückkehrt, liegt aber vorrangig an ihm selbst. Das zweideutige „Cream“ und das melancholische „Money Don’t Matter 2 Night“ gehören zu seinen besten Songs. Außerdem spürt man‚ wie er gewillt ist, sich mit dem HipHop-Zeitgeist auseinanderzusetzen. (tw)
1991: GETT OFF (Warner)
★★★★★
Komisch, da hatte Prince auf THE SCANDALOUS SEX SUITE noch das Zeitalter von „monogamy and trust“ verkündet und preist auf dieser EP „23 positions in a one night stand“. Kleine Ungereimtheiten sollen nicht davon ablenken, dass „Gett Off“, dieses stampfende Upfront-Funk-Ungetüm, einer der Songhöhepunkte im Schaffen von Prince ist. Alle sechs Remixe sind ihr Geld wert, beleuchten die verschiedenen Aspekte des Tracks, lassen aber den zum Sampeln geradezu einladenden Beat und die Flöten-Hookline unangetastet. (ko)
1992: LOVE SYMBOL (Warner)
★★★★
„My name is Prince and I am funky“, erklärt der selbstbewusste Künstler wild entschlossen. Derlei Klarstellung hätte es im 16. Jahr seiner Aufnahmekarriere aber nun wirklich nicht mehr bedurft. Für dieses Album hatte Prince ursprünglich eine Rock-Seifenoper im Sinn. Zum Glück verzichtete er auf den Weichspüler, weshalb (das Album mit dem) LOVE SYMBOL dann auch zu seinen hörenswerten Kollektionen zählt. Es ist ein richtiges Bandalbum mit den üblichen Soundverdächtigen. Gleichzeitig unterstreicht er mit dem elektronischen „I Wanna Melt With U“ seinen Willen zur Evolution. (tw)
1994: COME (Warner)
★★★
„1958-1993“ steht auf dem Cover. Künftig wird er nicht mehr als Prince, sondern unter verschiedenen seltsamen Namen oder als „Symbol“ an die Öffentlichkeit treten. COME funkt schon schön mellow und trocken (der elfminütige Titelsong ist ein Highlight im Prince-Songkatalog) – allerdings sind eine leichte Tendenz zum Selbstplagiat und Schwächen im Songwriting auszumachen. Prince behandelt die üblichen Topics („Come“, „Pheromone“, „Orgasm“), allerdings weniger verklausuliert als vorher („Can l suck U baby? Can I fuck U baby?“). Wahrscheinlich, um es seiner Noch-Plattenfirma Warner zu erschweren, das Album zu verkaufen. Ziel erreicht. (ko)
1994: THE BEAUTIFUL EXPERIENCE (NPG)
★ 1/2
Quasi nebenbei schreibt das Symbol „formerly known as Prince“ mit „The Most Beautiful Girl ln The World“ nach Jahren wieder eine Hitsingle und veröffentlicht sie bei einem Indie-Label, obwohl er vertraglich noch an Warner gebunden ist. Der an sich schöne Song wird durch ein kitschiges Arrangement verhunzt, auch die sechs Remixe geben keine neuen Erkenntnisse. (ko)
1995: THE GOLD EXPERIENCE (Warner)
★★★★
Dass sich der Meister von seiner Plattenfirma innerlich verabschiedet hatte, war schon auf COME unüberhörbar. Hier nun verkündet eine Stimme auf Spanisch, Prince sei tot. Trotz dieser Scharmützel ist THE GOLD EXPERIENCE kein Vertragserfüllungswerk. In „Pussy Control“ und „Endorphinmachine“ erkennt man das von Techno und Grunge bestimmte Klima, „Gold“ klingt dagegen wie „Purple Rain“. Solche Einflüsse tragen vielleicht nicht zur Selbsterneuerung, aber wenigstens zur kreativen Konsolidierung bei. (tw)