Ashra – Neuer Start in London
Deutschlands Gru p pen sind zu Globetrottern geworden. Auch um ein Konzert der Gru p pe Ashra (früher Ashra Tempel) zu sehen , war eine Reise nöti g, nach London. Denn dort trat Manuel Göttschin g (Gitarre, Keyboards, Synthesizer) in Be g leitun g der beiden deutschen Musiker Lutz Ulbrich (Gitarre, Synthesizer) und Harald Großko pf (Schlagzeug) Mitte Au g ust im Open Air Theatre des Re g ent Parks auf. Er stellte die Musik seiner neuen LP „New Age Of Earth“ vor.
für das entscheidende Debutkonzert hatte man die französischen „Laser Graphics“ engagiert, die der Park-Szenerie eine unwirkliche Stimmung gaben.Als kostenlose Zusatzattraktion machten ein paar Flugzeuge am rosa-grau gefärbten Abendhimmel die Runde. Ashra spielten in der ersten Stunde des Konzerts sehr konzentriert, und Manuel Göttschings Gitarrenspiel war wirklich stark. Über einen Sequenzer geleitet, erreichte er verfremdete Sounds, die oft an Orgel oder Geige erinnerten. Dadurch entstand eine vielschichtige, melodiöse Atmosphärenmusik, die inmitten des Parks einen in sich geschlossenen Raum zu schaffen schien. Besonders präzise und exakt spielte Harald Großkopf.
Später allerdings verließ die Band das klare Konzept, und sie verspielte so manches, weil sie zulange einer Idee nachhing. Als Lutz Ulbrich und Manuel ein unerwartet funky klingendes Rhythmus-Duo auf den Gitarren anstimmten, meinte ein Franzose neben mir: „German Railroad Rock’n‘ Roll, never ending!“ Auch die ca. 4.000 Besucher um uns herum wurden ein wenig unruhig, bis kurz vor Mitternacht der Laser-Strahl und die Lichter der Anlage erloschen.
lags darauf spreche ich Manuel auf das Konzert an. „Das Publikum fand ich sehr dufte, den Platz auch. Wir haben vielleicht ein bißchen zulange gespielt, obwohl es für uns selbst zu kurz war. Die Erfahrung habe ich natürlich schon öfters gemacht, daß es nicht gut ist, solange zu spielen. Aber mit Lutz habe ich nur 2 Tage proben können, und Harald, mit dem ich das letztemal 1974 zusammenspielte, kam direkt aus Ibiza. Und da war’s klar, daß wir erst mal stundenlang einfach losspielen wollten. Am Schluß des Konzerts waren wir erst richtig in Form. Ich war irre erschrocken, als dann unser Roadie auf die Bühne kam und sagte, wir müßten sofort aufhören, weil schon 23.00 Uhr vorbei ist. Dann haben wir ganz schnell einen Schluß gespielt.“ Wir sprechen über Harald Großkopf, der früher mal bei Wallenstein war und auf einer Platte von Klaus Schulze mitwirkte: „Er ist einer der wenigen, die mit einem Sequenzer zusammenspielen können,“ sagt Göttsching. „Denn der Sequenzer spielt ja unerbittlich und die meisten versuchen, dazu richtig Schlagzeug zu spielen. Da kommt man aber nicht hinterher, auch ganz exakte Leute nicht. Und deswegen muß man sich was anderes einfallen lassen, und der Harald hat wirklich gute Ideen, Dinge, die man bei einer normalen Rockband halt nicht spielen könnte.“ Nach der Auflösung von Ashra im Jahre 1973 hat Manuel unter dem Namen Ashra Solo weitergemacht und auch seine Platten alleine eingespielt, nun aber setzt er wieder auf eine Gruppe. Wieso? „Sie ist nicht notwendig, sagt er. „Ich habe nach „New Age Of Earth“ eine Solotour in Frankreich gemacht, was auch toll war. Es ist schon irre, wenn man ganz alleine auf der Bühne steht und das Programm völlig unabhängig macht. Das ist eine gute Erfahrung und eine völlig andere Sache. Ich mag beides. I Mit Musikern, die ich persönlich sehr gerne mag, möchte ich auch weiterhin zusammenarbeiten. Auf jeden Fall mach ich die Musik, und wenn ich jemanden treffe, den ich mag, frag ich halt, ob er Lust hat ein paar Konzerte mitzumachen. Ob ich das auch auf Platte mache? Vielleicht auf der übernächsten, denn die neue ist schon halbfertig.“ An „New Age Of Earth“ hat Manuel Göttsching ziemlich lange gearbeitet, weil er zum ersten Mal für Keyboards komponiert hatte. Das mußte er sich erst mal beibringen. Außerdem nahm er alles auf eine 4-Spur-Maschine auf, und da I war es schwierig, alles aufs Band zu bekommen, was er haben wollte. Manchmal fällt es schwer, die Musik der Tangerine Dream, von Klaus Schulze oder Ashra sofort zu unterscheiden. Was unterscheidet nun dein Konzept von den anderen genau, fragte ich deshalb Manuel. „Im Unterschied zu TD oder Klaus Schulze“, meinte er, „komponiere ich die Stücke mehr durch, das habe ich schon früher gemacht. Und dann steh ich eben auf funky und sehr diffizile Rhythmen. Die Rhythmen von TD und Schulze sind etwas simpler und sehr speedy. Ich versuche welche zu machen, die man auf zwei verschiedene Arten hören kann: als einfachen Rhythmus, der losgeht; und als Rhythmus, der sehr kompliziert aufgebaut ist, der sich in sich verändert, wenn man genauer hinhört; dasselbe gilt für Melodien: so wiederhole ich eine oder mehrere Melodiefolgen, so daß der Rhythmus aus verschiendenen kurzen Melodiefolgen besteht, die sich wiederholen: eine im Bassbereich, eine in den oberen, mittleren und unteren Höhen, usw. also in verschiedenen Frequenzlagen, die sich untereinander verschieben: die eine läuft weiter, die andere ändert sich.“ Wo erwartet Manuel die stärkste Resonanz, im In-oder Ausland? „Am ehestens vielleicht in den USA. Ich habe mich kürzlich privat auf allen möglichen Konzerten umgesehen, auch auf dem Tangerine Dream-Konzert, wo etwa 5000 Leute da waren. Ich kann mir vorstellen, daß man dort auf diese rhythmischen Geschichten einsteigen könnte, weil die Leute da eine gewisse Lebendigkeit in der Musik haben wollen.“