Apple feiert den 10. Geburtstag des iTunes-Stores
Zehn Jahre iTunes: Die Geschichte des Online-Musikgeschäfts ist auch die Geschichte einer kleinen Revolution der Musikindustrie.
Zu Beginn des Jahrtausends war die Musikbranche vor Angst erstarrt. Seit 1999 war die Tauschsoftware Napster im Umlauf, weitere folgten, und im Laufe weniger Jahre wurde dank Breitband-Internet und CD-Brenner das fröhlich-freie Verteilen von Musik zum Volksport. 2003 wurden allein in Deutschland mehr als 600 Millionen Songs illegal heruntergeladen. Weltweite Verluste in Milliardenhöhe ließen die Knie der Labelbosse schlackern. Es musste etwas geschehen. Und es geschah etwas.
Im Frühjahr 2003 stellte ein Unternehmen aus Kalifornien ein neues Produkt vor. Die Firma war keine unbekannte: Ein sektenhaft anmutender Konzern, geführt von einem cholerischen Mann mit Nickelbrille und lichtem Haar, bekannt wegen extrem schicker und etwas überteuerter Personal Computer und dem Versuch, einen schnöden, weißen MP3-Player als Neuentdeckung des Rades zu verkaufen. Das tat sie anfänglich mit mäßigem Erfolg. Doch dieses neue Produkt sollte die Musikindustrie nachhaltig verändern.
Song-Kauf per Klick – plötzlich war Musik wieder etwas wert, den Preis bestimmte Apple
Am 28. April 2003 startete Apple seinen iTunes Music Store als Gegenentwurf zur um sich greifenden Musikpiraterie. An seiner Seite hatte Apple-Chef Steve Jobs alle großen Major-Labels, die zum Start des Stores rund 200.000 Songs bereitstellten – zum Kaufpreis von 99 Cent pro Lied. Besonders der unkomplizierte Kauf der Stücke mittels nur eines Klicks sorgte bereits nach fünf Tagen für mehr als eine Million verkaufte Songs, fünf Monate später waren es schon 10 Millionen.
Nie vorher war es so einfach und komfortabel Musik zu suchen, zu finden und zu kaufen. Noch im Oktober 2003 erschien iTunes für Windows und war damit im Computer-Mainstream angekommen. Neben den USA wurde der Dienst nach und nach in weiteren Ländern angeboten (am 15. Juni 2004 in Deutschland). Die Verkaufszahlen schossen weiter in die Höhe. Auch das Musikangebot wurde ständig erweitert. In etwas mehr als einem Jahr hatte Apple mehr als 100 Millionen Songs verkauft, es gab rund eine Millionen Musikstücke im Angebot. Es folgten Podcasts, Filme, TV-Serien, Bücher, Apps.
Steve Jobs verkaufte einen Lebensstil
Plötzlich war Musik wieder etwas wert, weil Menschen bereit waren, Geld dafür auszugeben. Den Preis definierte Apple. Der Vertrieb von Produkten im Store wurde neben dem Verkauf von Hardware zur Haupteinnahmequelle von Apple – ein wichtiger Schritt Apples hin zum heutigen Welterfolg. Jobs verkaufte nicht mehr nur Computer, sondern einen Lebensstil. Seit 2007 heißt „Apple Computer, Inc.“ nur noch „Apple Inc“.
Nun feiert das Unternehmen mit dem 10. Geburtstag des iTunes Stores am 28. April 2013 das erste große Jubiläum. Und damit auch eine Dekade voller Meilensteine (die von nun an in einer Timeline im iTunes Store dokumentiert sind). Bis heute wurden von mehr als 500 Millionen aktiven Nutzerkonten mehr als 25 Milliarden Songs runtergeladen. In 119 Ländern wird ein Gesamtkatalog von mehr als 35 Millionen Songs angeboten. Nicht zuletzt wegen des iTunes Stores konnte Apple fast 900 Millionen Einheiten seiner Mobilgeräte (iPod, iPhone, iPad) verkaufen.
Allerdings können solche Zahlen nicht über einige Schwierigkeiten in der Geschichte des iTunes Stores hinwegtäuschen. In den ersten Jahren des Dienstes kam Apple in die Kritik, weil eine zu strikte Rechteverwaltung die freie Verwendung der legal gekauften Songs, beispielsweise auf anderen Abspielgeräten außer einem iPod, verhindert hat. Auch musste das Unternehmen Vorwürfen wegen eines zu sorglosen Umgangs mit dem Datenschutz hinnehmen: iTunes habe das Hörverhalten seiner Nutzer ausspioniert und zu eigenen Werbezwecken genutzt.
Ebenfalls waren nicht alle Innovationen im iTunes-Kosmos so innovativ wie erwartet. Das interne Social Network Ping wurde nach zwei Jahren klammheimlich eingestampft. Den Cloud-Service iTunes Match, der es ermöglicht, Musik auf Apples Server zu laden und von dort aus auf beliebigen Geräten abzuspielen, nutzen weniger User als erhofft. Und auch schläft die Konkurrenz nicht.
Apple muss auf die Konkurrenz aufpassen
Laut einer aktuellen Studie des US-Marktforschungsinstituts NPD konnte Apples größter Nebenbuhler in Sachen digitalem Musikverkauf, Amazon, einiges an Boden gut machen. Während Apples US-Marktanteile von 66 auf 63 Prozent sanken, legte Amazon mit neun Punkten auf 22 Prozent zu. Besonders die günstigeren Preise des Online-Kaufhauses (ein aktuelles Album kostet dort meist nur 4,99 Euro, bei iTunes mindestens 9,99 Euro) locken viel Kunden an. Auch Google dürfte mit dem Play Store seine Anteile in Zukunft erhöhen. Darüber hinaus weisen die Marktforscher darauf hin, dass immer mehr Menschen auf Streaming-Dienste wie Pandora, Spotify oder Deezer zurückgreifen.
Dennoch wird Apple seine Vormachtstellung bei der digitalen Vertreibung von Musik nicht aufgeben wollen. Und wir dürfen somit auf neue Features hoffen. Wann diese kommen, ist aber ungewiss. Wie Apple-CEO Tim Cook kürzlich mitteilte, werden im Herbst neue Geräte vorgestellt. Möglicherweise wird im Zuge dessen auch iTunes weiter verbessert.