Anouk


GANZ GROSS WILL SIE WERDEN, DIE KLEINE HOLLÄNDERIN. Und ihren Landsleuten hat sie schon gehörig den Kopf verdreht. Weit über eine halbe Million hat sie dort schon von ihren beiden Alben verkauft. Bemerkenswert. Anders hier, wo die zierliche Blondine einstweilen unter „kenn’wa nich'“ firmiert. Könnte sein, dass das bald anders ist, denn die 24-Jährige ist ein Riesentalent. Auch wenn mancher ihre Platten unter „Hausmannskost“ sortiert, live überzeugt sie noch den letzten Skeptiker durch überraschendes Charisma, unverschämten Charme und nicht zuletzt ihre klassisch geschulte Stimme. Die knapp Tausend in der Muffathalle jedenfalls tragen sie schon nach wenigen Songs auf Händen – und Anouk macht mit ihnen, was sie will. Dem einen Zwischenrufer droht sie einen Tritt in den Hintern an, dem nächsten wirft sie eine Kusshand hin, dass der ganz entrückt die Augen verdreht. Überhaupt: Anouk hat reichlich Sex-Appeal. Und den setzt sie unverfroren ein. Da fliegt schon nach wenigen Songs das T-Shirt davon, ein knappes schwarzes Top zügelt kaum den Inhalt, und wenn Anouk dann mit seltsam steifen Armen tanzt, swingt, steppt, wackelt, heften sich tausend Augenpaare auf ihren Knackarsch. Echt, is’so.Sollen wir hier noch über Musik reden? Okay: sehr ordentlich gedrechselter Mainstream-Rock mit mäßig dosierten Crossover-Elementen, dynamisch und mit viel Sinn für Dramaturgie präsentiert. Die fünfköpfige Band ist beileibe kein gestriger Rockisten-Haufen – eine groovige Rap-Einiage vom Human Beat Box Brother Sebastian van der Berg kommt ebenso souverän wie die gröbere Gangart oder sphärische Klangmalerei. Jetzt braucht’s eigentlich nur noch einen richtigen Hit – aber der ist eben auch Glücksache, wie man weiß.