Animal Collective im Postbahnhof Berlin


Für manch einen war es ein religiöses Erlebnis: Die vorerst beste Band der Welt spielt nun auch vor großer Masse.

Vor dem Postbahnhot grüßt den Neuankömmling eine riesige Mcnschenschlange: Nachdem die letzten Berlin-Konzerte von Animal Collective in kleineren Clubs schon ausverkauft waren, haben die New Yorker jetzt die 1000er-Marke gesprengt. Glücklich, wer noch eine der letzten Karten an der Abendkasse ergattert. Stille, erwartungsvolle Anspannung steht in vielen Gesichtern. Um kurz nach zehn ist es so weit, das Cembalo von „In The Flowers“ erfüllt den Saal. Im Vergleich zum magenerschütternden Dröhnen früherer Konzerte hat die Band deutlich Lautstärke eingebüßt, die einsetzende Orgel im Opener lässt eher ein Untertauchen im sonnenwarmen Meer als den Schock beim Sprung ins eiskalce Wasser assoziieren. Das Publikum dankt es: Ausgelassen wird gejubelt und mitgesungen. Es folgen, ebenso frenetisch aufgenommen, „Leaf Flouse“ und „My Girls“. Die größere Bühne steht Geologist, Avey Tare und Panda Bear gut: Kunstnebelschwaden und Buntlicht unterstützen die hypnotisch flackernden Lichtboxen hinter ihnen. Man fühlt sich wie in eine warme Decke aus Farben und Geräuschen, Stimmen und Beats gewickelt, während Hit für Hit aus der atmosphärischen Soundkulisse tritt und sich bei den Begeisterungsfähigeren unter uns ein Gefühl einstellt, als würde man SMILE oder ABBKV ROAFI noch einmal zum ersten Mal hören. Die Perfektion, die die Band dabei zelebriert, kennt man sonst nur von Größen wie Radiohead und Arcade Fire. Mit geschlossenen Augen und einander abgewandt agieren die drei, und doch stimmt jeder Einsatz, sitzt jeder Beat, passt jeder Rhythmuswechsel. Bei „Fireworks“ hält es die vorderen Reihen nicht mehr. Der Song entwickelt sich live zu einem viertelstündigen Prog-Malstrom mit einer minutenlangen, wunderschönen Gitarrenimprovisation als Höhepunkt. Ein euphorisches „Brothersport“ beschließt das Set, das noch um ein neues Stück und „Lion in A Coma“ ergänzt wird. Hype hin, Status her: Animal Collective sind live ein Erlebnis, das man mit keiner anderen Band vergleichen kann. Und das in seiner Genialität auch den größten Skeptiker überzeugen wird.

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Albumkritik ME 2/09