Amazon Prime Video: 6 nervige Dinge, die sich dringend ändern müssen
Amazon Prime Video hat zwar viele gute Eigenproduktionen, die Mediathek und die dazugehörige App sind aber mehr oder weniger ein Witz. Ein persönlicher Erfahrungsbericht.
Filme und Serien schaue ich am liebsten auf meinen großen Fernseher im Wohnzimmer und für mich ist das Premium-Abo von Netflix die beste Wahl, kann ich hier doch ausgewählte Inhalte in 4K-Auflösung und mit HDR-Unterstützung sehen. Doch Serien wie „The Boys“ haben mich dazu verleitet, auch ein Abo bei Amazon Prime Video abzuschließen. Und das, obwohl ich eigentlich nicht der Typ bin, der sich mehrere Abos ans Bein bindet. Doch inzwischen gibt es so viele gute „Amazon Originals“, dass sich die Investition für mich zu lohnen scheint. Doch schon wenige Tage mit Amazon Prime Video beziehungsweise der App für Android TV sind genug, diese Entscheidung (fast) schon wieder zu bereuen. Hier eine Liste der größten Aufreger:
Inhalte im Original sind nur schwer zu finden
Serien und Filme schaue ich am liebsten im Original und notfalls mit Untertiteln, wenn ich die Sprache nicht spreche. Mein Netflix ist auch komplett auf Englisch eingestellt, das geht in den Einstellungen kinderleicht und im Handumdrehen. Bis jetzt habe ich bei Netflix auch noch keinen Inhalt gefunden, der nicht auch in der Originalsprache verfügbar ist. Mit Amazon Prime Video ist leider alles etwas anders… Ein Drama in drei Akten:
1. Die App ist immer auf Deutsch
Die Sprache meines Fernsehers ist auf Englisch eingestellt, doch Amazon Prime Video ignoriert das. Das gesamte Interface ist auf Deutsch, eine entsprechende Einstellung sucht man vergebens. Selbst wenn ich meinen Amazon-Account auf Englisch umstelle, bleibt die App stur. Das ist besonders deshalb ärgerlich, weil somit Filmtitel auch immer auf Deutsch sind respektive Beschreibungstexte und der Name einzelner Episoden bei einer Serie. Es gibt zwar eine Kategorie für englischsprachige Inhalte, diese enthält aber bei weitem nicht alle Titel – auf Dauer ist das also keine Lösung.
2. Inhalte in der Originalversion finden
Wer meint, dass es bei Amazon Prime Video alle Inhalte immer auch in der Originalfassung gibt, irrt gewaltig. Viele Titel gibt es ausschließlich in der deutschen Synchronisation und die Originaltonspur fehlt einfach. Vielleicht ist das ein Lizenzproblem, vielleicht traut Amazon seinen Nutzern auch keine Fremdsprachen zu. So oder so: Es ist nervig und frustrierend, wenn man sich nach langer Suche endlich für einen Film entscheiden konnte, dann aber feststellt, dass es ihn nur auf Deutsch gibt. Inhalte, die es in der Originalfassung gibt, sind oftmals – aber auch nicht immer – mit dem Zusatz „OV“ gekennzeichnet. Das macht es etwas leichter, allerdings ist Amazon bei der Kennzeichnung nicht konsequent und entsprechende Filterfunktionen fehlen gänzlich.
3. Die Sprache stellt sich immer wieder um
Folgendes Szenario: Ihr schaut eine Serie, die es sowohl mit deutscher als auch englischer Tonspur gibt. Da Ihr Inhalte am liebsten im Original schaut, stellt Ihr vor der ersten Episode die Sprache auf Englisch. Das klappt hervorragend und die nächste Folge wird inzwischen auch auf Englisch abgespielt (vor einigen Jahren war das noch anders). Doch wenn Ihr jetzt Amazon Prime Video beendet und am nächsten Tag die Serie weiterschauen wollt, ist wieder standardmäßig die deutsche Tonspur aktiv. Amazon Prime Video merkt sich also nicht, dass Ihr die vorherigen Episoden auf Deutsch gesehen habt. Auch hier wäre es so einfach, dem Nutzer eine globale Einstellung zu bieten, doch natürlich fehlt so etwas.
Werbung
Amazon Prime Video ist Teil einer kostenpflichtigen Prime-Mitgliedschaft für 7,99 Euro im Monat oder 69 Euro jährlich. Mit anderen Worten: Für den Dienst muss man bezahlen. Trotzdem biedert Amazon sich an, vor Filmen und Episoden einer Serie Werbung in Form von Empfehlungen für andere Prime-Inhalte einzublenden. Und zumindest in der App für Android TV lässt sich diese Werbung nicht überspringen, sondern sie kann lediglich ungenau vorgespult werden. Zu allem Überfluss ist diese Werbung auch immer auf Deutsch, selbst dann, wenn die Filmsprache auf Englisch gestellt ist.
Alles ist unübersichtlich
Eigentlich sieht Amazon Prime Video für Android TV auf den ersten Blick sehr aufgeräumt aus: Ganz oben gibt es mehrere Menüpunkte, zum Beispiel für Filme, Serien und die eigene Watchlist. Darunter zeigen große Kacheln in verschiedenen Kategorien die einzelnen Inhalte an. Die jeweiligen Kategorien lassen sich horizontal durchblättern, doch dabei merkt man schnell, dass sich Kacheln wiederholen und manchmal wird sogar auch der gleiche Film innerhalb einer Kategorie zwei Mal direkt nebeneinander angezeigt.
Noch abstruser ist allerdings die Aufbereitung von einzelnen Titeln. So ist „The Boys“ gleich drei Mal in der Mediathek vertreten und auch die Suche spuckt gleich drei Ergebnisse aus:
- Fassung in Full HD mit deutscher und englischer Tonspur
- Fassung in Ultra HD (4K) mit deutscher Tonspur
- Fassung in Ultra HD (4K) mit englischer Tonspur
Technisch weniger versierte Menschen können hier schnell durcheinander kommen und nicht wissen, welches Ergebnis für sie passend ist. Und anhand solcher Beispiele merkt man auch gut, dass Prime Video eigentlich nur ein anderes Frontend für Amazons reguläres Warenwirtschaftssystem ist, mit dem man auch andere Produkte online bestellen kann. Als riesige Mediathek ist dieses System jedoch gänzlich ungeeignet. Denn natürlich würde es viel mehr Sinn ergeben, „The Boys“ einfach nur einmal anzuzeigen und die Bildqualität automatisch basierend auf Internetgeschwindigkeit und Wiedergabegerät anzupassen. Zumindest hätte man die beiden Ultra-HD-Fassungen zusammenfassen können. „The Boys“ ist übrigens nur ein Beispiel von vielen, diese Problematik zieht sich durch den gesamten Prime-Video-Katalog. Noch ein Beispiel:
Ihr möchtet „Fleabag“ schauen und seid zufällig über die zweite Staffel in Ultra HD mit englischer Tonspur gestolpert. Die Staffelübersicht zeigt allerdings nur die zweite Staffel an, die erste wird verschwiegen. Warum? Weil es diese eben nicht in Ultra HD mit englischer Tonspur gibt. Amazon Prime Video ist einfach nicht „schlau“ genug, um trotzdem die Serienzugehörigkeit zu erkennen. Noch ein Grund mehr, warum Inhalte – so wie bei Netflix und anderen Anbietern – zusammengefasst werden müssen, damit es keine Mehrfachergebnisse gibt.
Zu guter Letzt werden Prime-Inhalte auch in der App mit kostenpflichtigen Videos vermischt, die nicht Teil des Abos sind. Auch hier wäre ein globaler Filter wünschenswert, der solche Inhalte einfach konsequent ausblendet – auch wenn das Amazon nicht schmecken dürfte.
Amazon Prime Video hat Performance-Probleme
Nur mal schnell die Sprache wechseln, die Detailansicht einer Serie aufrufen oder zwischen zwei Folgen schnell zurück zum Hauptmenü gehen? Für all das lässt sich Amazon Prime Video – zumindest in der App für Android TV – mehrere Sekunden Zeit. Zu oft sieht man den Ladekreis vor einem hellblauen Hintergrund. Das sollte nicht passieren, denn hinter Amazon Prime Video steckt nicht irgendein Hobbyentwickler (die übrigens sehr gute Apps programmieren), sondern eben Amazon, der Konzern mit einem Börsenwert von 775 Milliarden US-Dollar, der im Jahr 2018 einen Gewinn von 10 Milliarden US-Dollar erwirtschaftet hat und das zweitwertvollste Unternehmen der USA ist.
PIN-Abfrage und die nervige Kindersicherung
Eine Kindersicherung ist wichtig und richtig, wenn man mit mehreren Personen in einem Haushalt lebt, die alle Zugriff auf Amazon Prime Video haben. Wenn man hingegen alleine den Dienst nutzt und volljährig ist, ergibt eine Kindersicherung nur wenig Sinn. Trotzdem verlangt Amazon Prime Video, dass ich für Titel, die eine Altersfreigabe ab 18 Jahren haben, eine PIN eingebe. Unter amazon.de/pin kann die Abfrage zwar konfiguriert werden und ich habe auch eingestellt, dass die Kindersicherung für meinen Fernseher nicht gelten soll, trotzdem will Amazon Prime Video wirklich jedes Mal meine PIN haben. Und das auch zwischen einzelnen Folgen. Die Serie „Ash vs. Evil Dead“ ist ab 18 und bevor man die erste Episode sehen kann, muss zwingend die PIN eingegeben werden. Okay, damit kann ich noch leben. Aber wenn ich direkt danach (also ohne Unterbrechung) die nächste Folge schaue und Amazon Prime Video wieder meine PIN verlangt, nervt’s.
Aber es kommt noch besser beziehungsweise schlechter: Die Serie „The Boys“ wurde von der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) ab 16 Jahren freigegeben. Eine Ausnahme bildet die sechste Episode, diese ist bereits ab 12 Jahren freigegeben. Skurrilerweise wird bei Amazon die Ultra-HD-Fassung der Serie mit englischer Sprache komplett mit einer Freigabe ab 12 angezeigt, was jedoch falsch ist.
Vor jeder Episode gibt es einen deutschsprachigen Einblender, dass die Serie nur für Erwachsene sei und unter diesem Einblender wird eine große „18“ auf weißem Hintergrund dargestellt. Eine PIN-Abfrage erfolgt indes nicht. Zum einen ist das logisch, weil die Serie nicht „ab 18“ ist, zum anderen ist der kurze Hinweistext vor jeder Folge allerdings nicht nur überflüssig, sondern auch irreführend, da die Serie eben nicht erst für Zuschauer ab 18 Jahren ist. Und natürlich ist der Einblender auch bei der Originalfassung auf Deutsch. Das aber nur am Rande.
Pausieren und Spulen
Zugegeben, bei diesen beiden Problemen handelt es sich mehr oder weniger um Kleinigkeiten, wer Amazon Prime Video allerdings regelmäßig nutzt, wird langfristig trotzdem schnell von ihnen genervt sein:
Möchte man schnell mal kurz einen Film oder eine Serie pausieren, muss man auf der Fernbedienung zwei Mal die Auswahl- bzw. OK-Taste drücken. Denn beim ersten Drücken öffnet sich nur das Player-Interface von Amazon Prime Video. Da wäre es wünschenswert, wenn ein einfacher Druck auf der Fernbedienung ausreichen würde.
Die zweite Sache betrifft das Vor- und Zurückspulen. Bei der Netflix-App gibt es die schöne Funktion, für zehn Sekunden zurückspulen. Das ist vor allem dann praktisch, wenn man kurz abgelenkt war oder ein Wort nicht verstanden hat. Bei Amazon Prime Video für Android TV fehlt diese nützliche Funktion und das Spulen ist auch sehr ungenau. Zum einen deshalb, weil nicht das große Hauptvideo gespult wird, sondern nur eine kleine Thumbnail-Ansicht links vom Player-Interface. Und zum anderen kann man nicht sekundengenau spulen, wie man es beispielsweise von anderen Apps wie VLC oder YouTube kennt.
Diese Sache macht Amazon Prime Video richtig gut
In einem Punkt gefällt mir Amazon Prime Video sogar richtig gut und auch besser als Konkurrent Netflix: Die Bitrate der Video-Streams scheint höher zu sein, zumindest sehen Filme und Serien besser aus und besitzen auch mehr Details als bei Netflix: Dort sieht man vor allem in dunklen Szenen häufiger Kompressionsartefakte – auch in Ultra HD. Bei Amazon Prime Video ist mir so etwas bisher noch nicht aufgefallen und die Qualität kommt zwar immer noch nicht an die einer Blu-ray ran, ist aber merklich besser als bei Netflix. Und man darf auch nicht vergessen, dass es bei Amazon Prime Video Inhalte in Ultra HD schon für 7,99 Euro im Monat gibt, da dort nur ein einziges Prime-Modell existiert, das sich nur in der Bezahlweise (monatlich/jährlich) unterscheidet. Für Ultra HD zahlt man bei Netflix 15,99 Euro im Monat.