Alles meins, alles deins?


Seit es Popmusik gibt, wurde nie so erbittert um das geistige Eigentum gezankt wie jetzt.

Zehn Euro. Das ist weniger, als ei-ne neue Platte kostet. Es ist mehr, als jeder Durchschnittsdeutsche für Musik im Monat ausgibt. Für zehn Euro monatlich erwirbt der Abonnent von Spotify das Recht, zu hören, was er will. Das ist dann schon das Luxusangebot. Der werbefinanzierte Basisdienst steht jedem zur Verfügung, kostenlos. Die Spotifys und Simfys, all die digitalen Audiotheken, sind so ausreichend sortiert wie die CD-Märkte des späten 20. Jahrhunderts. Aufgenommene Musik verflüchtigt sich in Datenwolken. Was, wenn nur noch sonderbare Sammler sie besitzen wollen? Wenn Musik nicht mal mehr einer klauen möchte? Was geschieht dann mit dem sogenannten geistigen Eigentum?

2012 wird irgendwann in die Musikgeschichte eingegangen sein als Jahr des Urheberrechts. Indem am Copyright gezerrt wurde wie nie zuvor, von allen Seiten, schien es manchmal wichtiger zu sein als jedes Stück Musik. Die Industrie versuchte es mit ACTA, einem irrsinnigen internationalen Abkommen zur Sicherung ihrer Besitzstände. Vergeblich. Die Piratenpartei warb für ungestraftes Filesharing unter Musikfreunden. Politisch ungeschickt. Die GEMA klagte gegen YouTube, YouTube sperrte Videos mit dramatischen Erklärungen, und GEMA-Musiker wie Deichkind nannten ihre Treuhänder „Evolutionsbremsen“. Die GEMA reformierte dafür die Veranstaltungstarife für 2013, und die Clubs kündigten an, das deutsche Nachtleben werde 2013 zum Erliegen kommen.

Währenddessen zeigten so ver-schieden talentierte Musiker wie Cro oder The Weeknd, dass Musik nicht weniger wert ist, wenn man sie im Netz verschenkt. Beide sind nicht verarmt, im Gegenteil. Nachdem bei Cro 2011 die Server kollabiert waren, setzte er sich 2012 mit seiner Pandamaske und mit „Easy“ auf dem ersten Platz der deutschen Hitparade fest. The Weeknd ließ sich auf dem Festival von Coachella feiern und veröffentlichte seine freimütig verteilten Stücke zum Adventgeschäft 2012 als Albumtrilogie. Die Musiker werden zu ihren eigenen Verwertern.

Bislang ist das Abendland darüber nicht versunken, und Musik wird sogar mehr gespielt denn je. Das Recht des Urhebers stammt aus dem 18. Jahrhundert. Es ist kein Naturgesetz, schon damals ging es darum, dass der Musiker von seiner Arbeit leben und vor allem für die Allgemeinheit musizieren können soll. Das geistige Eigentum hilft ihm da heute nur bedingt, in den Ökonomien von Facebook oder Flatrate. „Die verlorene Generation“, von der die Plattenfirmen früher sprachen, wenn es um den digitalen Menschen ging, war jedenfalls ein Irrtum. Die Generation hört jetzt Musik am Telefon und am Tablet. So lange und so viel sie will und überall.