Alice Cooper – Bizarre Show und Rock’n RoIl
Alice Cooper, 23-jähriger Sohn eines amerikanischen Ministers, sagt: „Wir lieben es, auf die Bühne zu gehen und den Leuten zu zeigen, was aus ihrer heilen Welt geworden ist. Merkwürdigerweise sind sie fast immer schockiert!“
Alice und seine Gruppe sind nicht schockiert – es geht ihnen heute besser denn je. Mit „Eighteen“, ihrem Hit, den man in den Staaten als „My Generation“ der Siebziger Jahre bezeichnet, haben sie auf der Leiter zum Erfolg gleich mehrere Sprossen auf einmal erklommen. Versuchen wir, uns an die letzte populäre Rock-Gruppe zu erinnern, die die Leute wirklich schockiert hat. Man müsste bis zurück zu den Stones gehen, um eine Gruppe mit auch nur annähernd so viel musikalischem Mut zu finden. Alice Cooper spielt, im Gegensatz zu den meisten Formationen heute, den melodischen, durchdringenden Bock, der die Formel für Hits und Erfolg ist.
Die Gruppe existiert seit sechs Jahren. Wie die Stones besuchten auch die Mitglieder von Alice Cooper die Kunstakademie, bis sie erkannten, dass der Rock ’n Roll ihnen bessere Ausdrucksmöglichkeiten gab. Wenn sie anfangs noch von den üblichen Leuten (Beatles, Stones, Zappa) beeinflusst waren, so entwickelten sie doch sehr bald ihren eigenen Stil, der ein bisschen bluesig war und in unvorhergesehenen visuellen Höhepunkten auf der Bühne resultierte. Die Begleiterscheinungen ihrer Auftritte sind mittlerweile zu einer Art moderner Sage geworden. Man erzählt sich, Alice habe auf der Bühne ein Huhn geschlachtet und das Blut getrunken, Kissen aufgeschlitzt und die Federn durch den Saal wehen lassen. Diese und ähnliche Geschichten gaben der Gruppe das Image, wild, unberechenbar und sensationell zu sein. Wenn diese Ereignisse in den Zeitungen publiziert werden, werden besonders die Eltern der jungen Fans in panische Angst versetzt. Man erzählt sich, Alice Cooper sei, wie die Stones Mitte der Sechziger Jahre, heute die von den Erwachsenen meist gehasste Gruppe Amerikas. Alice korrigiert diese Behauptung: „Ich glaube, die Eltern fürchten uns mehr, als sie uns hassen. Viele von ihnen hassen lange Haare, aber nur solange, bis ihr eigener Sohn sich die Haire wachsen lässt. Wenn es sich um die eigenen Kinder handelt, dann kann es ja nicht so schlecht sein. Verrückte Logik!“ Wenn man von Alice Cooper spricht, denkt man unwillkürlich an bizarre Shows und nicht zuletzt an Sex. Warum Sex? Alice erklärt: „Die meisten Gruppen heutzutage scheinen vergessen zu haben, dass Rockmusik Sexmusik ist. Wir sind eine Band der dritten Rock-Generation und wir wollen etwas von der Ursprünglichkeit dieser Musikrichtung zurückbringen. Unsere Musik trifft die Leute nicht im Kopf, sondern etwas tiefer“.
Die Formation Alice Cooper begann ihre musikalische Karriere in Phoenix, Arizona. Sie nannten sich anfangs „The Spiders“. Später, nachdem sie nach Los Angeles umgezogen waren, änderten sie ihren Namen, inspiriert durch Lord Buckley’s berühmten Dialog in „Nazz“ um, mussten jedoch bald feststellen, dass in Philadelphia bereits eine andere, bekanntere Gruppe dieses Namens existierte und entschieden sich nach langem Hin und Her für „Alice Cooper“. Ihr Stage-Act wirkte in frühem Stadium etwas übertrieben, besonders, da sie den musikalischen Teil zugunsten des visuellen vernachlässigten. Die Wirkung aufs Publikum war dementsprechend negativ. Man beschloss deshalb, die Show mehr zu kontrollieren und erhoffe sich damit gleichzeitig eine sichere Kontrolle über die Leute. In diesem Sinne trafen sich die fünf Jungen für ein paar Tage im „Psychedelic Supermarket“ in Los Angeles und entwarfen eine neue, sehr kunstvolle und gutdurchdachte Show. Zur ständigen Bühnenausrüstung gehörten von nun an falsche Wimpern, Frauenkleider, Make-Up und Lippenstift. Mit diesen und anderen Requisieten (z.B. ein elektrischer Stuhl und eine lebende Schlange) bombardierten sie nicht nur die Ohren, sondern auch die Augen.
Alice Cooper ist eine Gruppe, von der man in den Staaten behauptet, sie habe einen grossen, leider jedoch keinen guten Einfluss auf die Kids. Alice, Sänger und unumstrittener Mittelpunkt der Formation, lehnt seinerseits jegliche Verantwortung gegenüber dem Publikum ab. Hierzu äusserte er sich folgendermassen: „Wir sagen den Leuten nicht, was sie tun sollen, wir weisen ihnen keinen Weg, machen ihnen noch nicht einmal Vorschläge. Wie ein Psychiater, der auch keine Antworten gibt, sondern den Patienten seine eigenen Fragen beantworten lässt.
Am Anfang ihrer Karriere gab es nicht wenige, die der Gruppe jegliches musikalisches Können absprachen. Heute, nach Veröffentlichung ihres dritten Albums „Love It To Death“ haben selbst Skeptiker aufhorchen müssen. Salvador Dali, der berühmte, anerkannte Künstler, war einer ihrer ersten Fans. Seine Vorliebe für Alice Cooper geht so weit, dass er ihnen sein Gemälde „Geopoliticus Child“ für das Cover einer ihrer Platten angeboten hat. Leider hat die Gruppe bisher keine LP aufgenommen, die sie für perfekt genug hielten, um das Angebot Dalis anzunehmen. Zu den anfänglichen Schwierigkeiten sagt Alice, der seinen richtigen Namen nicht verraten will, um seinen prominenten Vater nicht ins Gerede zu bringen: „Wir sind heute mehr an dem musikalischen Part unseres Repertoires interessiert, als früher. Damals stand die Show im Vordergrund, während wir heute das gesunde Gleichgewicht gefunden haben: eine Kombination von Show und Musik“. Wie wirkungsvoll diese Kombination ist, hat die in letzter Zeit steigende Popularität der Gruppe gezeigt.
Alice Cooper – Gesang, Harmonika
Neil Smith – Drums
Michael Bruce – Gitarre, Piano, Orgel
Dennis Dunaway – Bass
Glen Buxton – Leadgitarre