Alex Harvey – wirklich sensationell!


Man könnte Alex Harvey schon fast einen Oldtimer des Rock'n'Roll nennen, denn er ist einer der Wenigen, die bei der Geburt des Rock, oder besser gesagt, des Beat, dabei waren. Aber er ist nicht durch die Nostalgiewelle wieder an Land gespült worden, sondern er war immer, zwar in verschiedenen Rollen, aber nichtsdestotrotz fester Bestandteil des Showbusiness, Seine neue Band heisst nicht nur sensationell, sondern sie ist es wirklich. Nicht nur der Boss selbst zieht die grosse Show ab, nein, auch Gitarrist Zal Cleminson tanzt mit Clown-Gesicht und bunten, engen Sachen wie ein Gigolo über die Bühne. Auf dem Foto rechts seht ihr ganz links den Pianisten John Martin. John, der auch schon in Marsha Hunt's Band mitgespielt hat, begleitet jetzt nicht mehr die Alex Harvey Band, sondern hat eine eigene Band gegründet. An seine Stelle ist Hugh McKenna, der Bruder des Drummers Ted McKenna getreten. Well, ME war in London beim St. Valentines, zu dem die 'Sensational Alex Harvey Band' als Höhepunkt angekündigt war, und sprach anschliessend mit Alex:

Man könnte Alex Harvey schon fast einen Oldtimer des Rock’n’Roll nennen, denn er ist einer der Wenigen, die bei der Geburt des Rock, oder besser gesagt, des Beat, dabei waren. Aber er ist nicht durch die Nostalgiewelle wieder an Land gespült worden, sondern er war immer, zwar in verschiedenen Rollen, aber nichtsdestotrotz fester Bestandteil des Showbusiness, Seine neue Band heisst nicht nur sensationell, sondern sie ist es wirklich. Nicht nur der Boss selbst zieht die grosse Show ab, nein, auch Gitarrist Zal Cleminson tanzt mit Clown-Gesicht und bunten, engen Sachen wie ein Gigolo über die Bühne. Auf dem Foto rechts seht ihr ganz links den Pianisten John Martin. John, der auch schon in Marsha Hunt’s Band mitgespielt hat, begleitet jetzt nicht mehr die Alex Harvey Band, sondern hat eine eigene Band gegründet. An seine Stelle ist Hugh McKenna, der Bruder des Drummers Ted McKenna getreten. Well, ME war in London beim St. Valentines, zu dem die ‚Sensational Alex Harvey Band‘ als Höhepunkt angekündigt war, und sprach anschliessend mit Alex:

BOB DYLAN CONTRA ELEKTRIZITÄT

ME: Alex, die meisten unserer Leser in Deutschland wissen so gut wie nichts über dich. Wann und wo hast du angefangen, Musik zu machen?

Alex: Die erste Gitarre hab‘ ich von meinem Onkel bekommen. Mein Onkel war Django-Reinhardt-Fan. Ei kaufte mir eine Vorkriegs-Gibson und zeigte mir ’n paar Griffe. An den Wochenenden ging ich mit meinen Freunden immer aus der Stadt ‚raus, um mit ihnen zusammen zu jammen. Wir fühlten uns damals schon wie Hell’s Angels, nur, dass wir keine Motorräder hatten. Ich hatte damals mit meinem Bruder immer die grossen Diskussionen. Er meinte, der grösste Einfluss ginge von Dylan aus. Ich glaube aber, dass die Elektrizität viel wichtiger war. Seit 1957 war doch nichts so verändernd! Die Musik war schon da, aber mit der Elektrizität kam auch die elektrische Gitarre und das brachte eine entscheidende Wendung. Bei meinen ersten Gigs, da sagten die Leute: Ihr seid ja ’ne gute Gruppe, aber warum spielt ihr nicht eure eigene Musik? Sie sahen die Verstärker und dachten, wir spielten Platten. Als ich mit 14 aus der Schule kam, hatte ich 36 Jobs, bevor ich professioneller Musiker wurde. Ich war Grabsteindrechsler Förster, Autoscooter-Gehilfe, Obstträger, Matrose, Mechaniker und Whiskyfüller, haha. Na ja, nichts lag mir richtig und dann so mit 23, 1958 hatte ich meine erste Band stehen.

ME: Bist du mit dieser Band sofort nach Hamburg gegangen?

Alex: Nein, mit Hamburg, das war erst 63, 64, 65. Wir waren nicht mal in London gewesen und gingen direkt nach Hamburg. Das war ’ne wahnsinnige Zeit; jeder Tag hatte 24 Stunden und ich sah sofort in den ersten Monaten Ray Charles, Bo Diddeley, Fats Domino, Jerry Lee Lewis und Little Richard. Ich hab‘ eine Theorie über Hamburg: In Hamburg ist der Beat entstanden, so wie in New Orleans der Jazz und in Chicago der Blues. Viele Gruppen, die nach Hamburg kamen, konnten es kaum aushalten. Die Sänger mussten oft stundenlang singen und weil das in der verrauchten Luft unmöglich war, halfen ihnen einfach andere Leute mit und sie sangen zu mehreren. GeSIE WOLLTEN UNS NICHT – DANN FLOGEN DIE FETZEN

ME: Was hast du gemacht, nachdem deine Soul-Band aufgelöst war?

Alex: Ich hab‘ in verschiedenen Cabarets und Nightclubs gesungen und dann suchte man für ‚Hair‘ einen Rhythmusgitarristen. Den Job hab‘ ich gemacht, fünf Jahre lang. Ich war nie ein guter Gitarrist, aber ich konnte den Beat gut halten. Ich hatte nie die Ruhe und Disziplin, um richtig Gitarre spielen zu lernen. Aber ich bin ein guter Schauspieler und Organisator und diese beiden Seiten gehören genauso zum Business. Ich fühle mich wohl, wenn ich auf die Bühne gehe, es ist für mich ‚was vollkommen Natürliches und es macht Spass.‘

ME: Willst du den Leuten irgendeine Anschauung mitteilen? Oder willst du ‚was vom Publikum?

Alex: Nein, ich will.ihnen auf ’n Tod nichts beibringen oder so, das ist nicht mein Bier. Nein, ich will sie unterhalten. Ich will, dass sie reagieren egal wie. Vor zwei Jahren spielten wir Im Vorprogramm von Slade in Glasgow. Es war irgendwie heiss. Die Kids wollten nicht uns sehen, sondern Slade und warfen nach zwei Nummern mit Stöcken und Dosen nach uns. Das brachte ja echt bei mir das Adrenalin in Bewegung. Die ersten drei Reihen wurden zu Fetzen und sechs Sitze fehlten. Irgendwer sagte, er hätte sie gefressen. An ’nem anderen Platz wurde unser Manager schon ganz nervös, weil überhaupt nichts wief. Da hab‘ ich ’ne Wasserpistole genommen und das Publikum bespritzt. Die Leute reagierten, als wären sie von einem elektrischen Schlag getroffen worden und dann war alles geritzt. Ich möchte mal gern in einem Gefängnis spielen, oder vor einem Affenkäfig, nur um die Reaktionen zu testen. Wenn du mit der Gitarre auf der Bühne stehst, hast du plötzlich Macht. Ich bin sicher, wenn eine ganze Armee von bewaffneten Chinesen kommen würde und ich stand- ihnen mit der Gitarre gegenüber – ich würde siegen. Ich würd‘ die Gitarre nehmen und einen ganz soften Rocker spielen…. ding a dong doo doo da…. Dann waren die Chinesen total ausgeliefert, machtlos….

NICHT SO ABGEFUCKT WIE …

Für mich ist bei der Kommunikation der Spass an der Sache das Wichtigste. Wenn die Kids lachen, flippen und herumspringen, dann ist es okay. Ich hasse humorlose Musik; es gibt genug Sachen, die abtörnen. Aber die Musik ist neben dem Act natürlich auch unheimlich wichtig. Sieh dir nur einen Film an; der beste Film (King Kong – smile) ist ohne die Musik nur halb so gut.

ME: Hast du eigentlich gar keine Schwierigkeiten mit dem Älter-werden?

Alex: Nein, mir geht’s gut. Ich bin froh, dass ich nicht so abgefuckt bin, wie die meisten meiner Generation. Es ist nur ’ne Frage des Bewusstseins. Ich kann verstehen, was die Kids in einem Sänger wie Gary Glitter sehen. Ich habe einen Sohn, er ist 14 und ich bin voll auf seinem Level. Ich erzähl‘ ihm alles und er mir, wir können über dieselben Sachen lachen. Ich glaub‘, wenn ich so an die 80 bin, werd‘ ich mich langsam zur Ruhe setzen, aber nicht eher.

ME: Alex, wie hast du eigentlich deine jetzige Band gefunden?

Alex: Wie findest du meine Jungs?

ME: Astrein.

Alex: Ja, das ist die beste Band, die ich je hatte. Wir sind eine Familie. Ich hab‘ sie damals in Glasglow getroffen, ‚Tear Gas‘ nannten sie sich und versuchten unbedingt so’n Zwischending aus Deep Purple und Black Sabbath zu sein. Seitdem sie mit mir spielen, sind wir alle zufrieden. Soweit also Alex Harvey. Was ich an Alex so dufte finde, ist, dass er nicht wie Peter Gabriel von Genesis, oder Leo Sayer auf dem ‚Schizophren-Trip‘, sondern on und back stage derselbe ist. Auf der Bühne hat er dieselbe Power, wie hinter den Kulissen, eine Power, die man vielleicht nur haben kann, wenn man so wahnsinnig natürlich und jung bleibt. Also Leute, wenn ihr irgendwas zwischen Zirkus und den Marx Brothers sehen wollt, dann geht zu dem nächsten Alex Harvey Konzert. Man muss ihn unbedingt ‚live‘ erleben, echt, auf ’ner Platte kommt er nicht halb so gut zum Ausdruck. Und vergesst nicht: Je besser euer Feed-Back ist, desto mehr geht’s los!