Al Jarreau


Ein rotziger Jazzrock-Ork Ein rotziger Jazzrock-Orkan fegt zunächst über die 8000 Besucher hinweg. David Sanborn & Band liefern einen exzellenten, keineswegs verhaltenen Eindruck ihres technischen Könnens. Da gibt’s zwar zwischenzeitlich die weichen, atmosphärischen Saxofon-Linien des amerikanischen Blase-Meisters, doch vorwiegend feuert die Band – bestehend aus Marcus Miller (bs). Steve Gadd (dr). Don Grolnick (g) – eine explosive Mixtur aus Rock. Jazz-Improvisationen und leichter Punk-Attitüde. Sanborn hat es verdammt schwer, sich gegen diese instrumentale Übermacht zu behaupten. So spielt der Power-Vierer ihn nicht selten an die Wand.

Was man von Al Jarreau sicher nie behaupten kann. Der Pfarrerssohn aus Milwaukee/USA ist stets Herr der Situation, obwohl ihm eine kompetente achtköpfige Band im Rücken steht. Der 44jährige und seine außergewöhnliche Stimme bilden bei jedem Konzert den zentralen Knotenpunkt aller Aktion. Nur beschränkt sich Jarreau heute nicht mehr – wie zu Beginn seiner Karriere – auf selbstgefällige Demonstrationen seiner Stimmband-Akrobatik: ausgeprägter melodischer Soul-Pop-Gesang und die verblüffenden Seat-Übungen ergänzen sich inzwischen in harmonischer Balance.

In der Wembley Arena hatte man für die Supershow eine imposante Bühnendekoration mit ästhetischen Lichteffekten installiert – sicher auch für die begleitenden Aufnahmen eines US-Fernseh-Teams konzipiert. Auch die Choreografie wirkt gezielt auf die Filmaufnahmen abgestimmt.

Vermutete man nun einen Promotion-Gig für die songs ofmy new album, so überrascht Jarreau statt dessen mit einer vortrefflichen Synthese aus Alt und Neu. Neben aktuellen Titeln wie „Raging Waters“, „High Crime“ und „Let’s Pretend“ präsentieren Jarreau & Co. alte Hits und Klassiker wie „Boogie Down“, „Spain“, „Breakin‘ Away“ und „Our Love“.

Zwischendurch gibt der geborene Charmer und Entertainer kleine Jokes und Anekdoten zum Besten. Nicht selten erwachsen daraus die einführenden Improvisationen, die nach und nach zum eigentlichen Kern der Songs führen. Die eingeschobenen Kapriolen und Stimmband-Kicks schüttelt er immer noch locker aus dem Ärmel: selten erkennt man so einen Song beim ersten Ton.

Auch seine Musiker spannt Jarreau ständig auf die Folter, aus einem vokalen Thema schält sich überraschend die Struktur eines Liedes heraus – und der gesamte Verein steigt mit instrumentaler Geschlossenheit ein, Auf den Punkt genau. Meisterlich!