Accept


Deutschlands Hardrock-Szene lebt. Längst können es sich einst stiefmütterlich behandelte HM-Aushängeschilder wie Accept leisten, in den großen Hallen der Heimat US-Spitzen-Acts wie Dokken für das Vorprogramm zu engagieren.

Doch die Melody-Rocker aus Los Angeles lassen sich nicht unter Wert verkaufen. „Unchain The Night“ eröffnet vor gut 4000 Fans einen rasanten 5ü-Minuten-Set. der dem eines Headlmers würdig gewesen wäre. Dokkens überragender Axeman George Lynch präsentiert sich in glänzender Form: Er liefert solistische Kabinettstückchen als Meterware und löst trotz abgehobener Künstler-Übersensibilität Frontmann Don zuweilen sogar in der Rolle des Publikums-Kontakters ab.

Sänger Don Dokken himself wirkt in seinen Bewegungen zwar ein wenig hölzern, versucht sich aber nach dem mißlungenen Tourstart in Bremen diesmal erfolgreich am nasalen Klaus-Meine-Vibrato. Bei „Breakin‘ The Chains“ zeigt sich die ganze Klasse des Rhythmus-Duos: Drummer Mick „Das Tier“ Brown und der ewig quirlige Jeff Pilson am Baß verpassen der leicht angestaubten Schwarte mit pulsierendem Spiel die ungebändigte Energie einer Frischzellenkur. Atemberaubend.

Pause. Accept sind sich ihres Stellenwertes hierzulande wohl bewußt. Was man vor Jahren nur von anglo-amerikanischen Rockgrößen kannte, bietet inzwischen auch die HM-Kooperative aus Solingen und Wuppertal: ein Bühnenaufbau mit mehreren Ebenen, Laufstegen, variablen Lichttraversen und einem überdimensionalen „A “ aus Scheinwerfern an der Saaldecke.

Den Aufmacher „TV War“ schreit Udo Dirkschneider so vehement ins drahtlose Mikro, als wolle er die gesamte fernsehkranke Wohlstandsgesellschaft aus dem lethargischen Schlaf vor der Flimmerkiste rütteln. Mit der Ausdauer und Schnelligkeit eines Trommelfeuers attackiert die präzise eingespielte Band die Menge mit ihren Songs. Zwischen „Livin For Tonite“, „Monster Man“ und „London Leatherboys“ gibt es keine Pausen.

Überraschte Gesichter aber, als Wolf Hoffmann Minuten später zusammen mit Drummer Stefan Kaufmann Maurice Ravels „Bolero“ anstimmt. Das mit teutonischer Gründlichkeit geplante Prickeln, das spätestens seit „Traumfrau“ Bo Derek in Deutschlands Durchschnitts-Schlafzimmern herrschen soll, erreicht der Leadgitarrero nicht. Dafür aber stürmischen Szenenapplaus.

Der nahtlose Übergang zu „Restless And Wild“ eröffnet den Oldie-Reigen im Accept-Programm. „Love Child“ ist die Hölle auf dem schwingenden Parkett der Grugahalle. Die meist einfach gehaltenen Refrains zwingen geradezu zum Mitgröhlen. Begeisterungsschweiß fließt hektoliterweise, bevor drei Zugaben das Finale der Heavy-Metal-Schlacht markieren.