Blumentopf: München, Muffathalle Alles wird gut: Die „Jungs aus dem Reihenhaus leisten HipHop erste Hilfe.


Trost für alle, die sich Sorgen um die Befindlichkeit des deutschen HipHop gemacht hatten: Die Wunden, die Sprechgesang-unterrnalte Fastfood-Werbung, zynische Beginner-Videos und rachitische MCs, die jung sind und ganz offensichtlich das Geld brauchen, hinterlassen, verheilen schnell, werden sie richtig behandelt. So erwies sich als erstklassige Reha-Maßnahme das Münchner Zusatzkonzert der Lokalmatadoren, die kurz nach Weihnachten die Halle an der Isar ein zweites Mal ausverkauft hatten. Wer eine Karte ergattert hatte, freute sich wie ein Dreijähriger, endlich „auf dem Topf zu sein und feierte bereits lautstark die energetischen Texta aus Österreich, die sich mit Zeilen wie „Als, was der verzeut. is koida Kafäh“ bemühten, „die Sprachbarriere“ einzureißen, wie ihr Produzent Philip „Flip“ Kroll einst erfolgreicher Profi in der europäischen BMX-Race-Elite – in wunderbarem Linzer Dialekt erläuterte. Der Topf schließlich tat das, was er immer tut: Er überzeugte in einem weit über zweistündigen Programm, das vom ersten Freestyle von Holunder, der sich – und das ist immerwieder höchst faszinierend – auf dem Weg von Zuhause zur Bühne vom schüchternen, wortkargen Student der Naturwissenschaften in einen vergleichsweise manischen Rapper verwandelt, bis zur letzten, überschwänglichen Zugabe mit Spontanität, Witz und Musikalität. Auch wenn die Jungs, die inzwischen erfahren genug sind, um einen Song wie „Da läuft was schief“ auch mal live instrumentiert zu präsentieren [die Entschuldigung für das holprige Gitarrensolo folgte wenig später im Freestyle), noch nie einen „Hit“ hatten – mit grandiosen Songs wie „Jungs aus dem Reihenhaus“. „Liebe & Hass“ und „Manfred Mustermann“ gehören sie auch live längst zu den besten Acts des deutschen Hiphop.