Singles


von Albert Koch Prolog: Wir sind ja alle irgendwie Illusionsvermittler. Lassen Sie mich einmal als Illusionszerstörer wirken: Während draußen in der Welt der Kalender den Januar 2004, dieses Heft sogar schon den Februar 2004 annonciert, herrscht hier am Schreibtisch noch der Dezember 2003. Während draußen in der Welt die Weihnachtsbäume schon längst auf dem Komposthaufen der jüngeren Geschichte lagern, hat man sich hier noch nicht einmal Gedanken um Weihnachtsgeschenke gemacht, weil erst noch die Illusion vermittelt werden muss, es wäre bereits Februar.

Illusionen vermitteln auch die Plattenfirmen mit ihrer neuesten, sehr cleveren Erfindung: Sie heifit“.Pock It!“ und ist the – eigentlich begrüßenswerte – return of the 3-lnch-Single und wird marketingstrategisch geschickt an den Checkouts IKassenl der points of sale (Lädenl positioniert (hingestelltl, so ähnlich wie die Kaugummis im Supermarkt. „Pock It!“, das ist“.Your hit fo go!“ oder aber auch“.Große Hits für kleines Geld“. Zwei Lieder sind drauf wie auf der alten Vinylsingle, und kosten tut die“.Pock It!“ mit knapp 3 Euro auch weniger als die Maxi-CD. Nur: Dieses Einheitscoverdesign mit dem komischen farbigen Rand lässt die“.Pock It!“-CD als das erscheinen, was sie ist: ein Konsumprodukt kein Liebhaberstück-, das der angeschlagenen Plattenindustrie aus der Krise helfen soll. Nur der Vollständigkeit halber. Heute aus der „Pock It!“-Wundertüte gezogen: Beyonce mit „Baby Boy“ IColumbia/Sony Music), einem der besseren Songs ihres Soloalbums und einem überflüssigen Remix desselben.

Versprochen: Zum letzten Mal, und weil wir bald Weihnachten feiern, die Besprechung der Single einer,.gecasteten“ Band. Become One sind die Sieger der“.Farne Academy“. Hoffen wir, dass Jennifer Lopez die Single „Don’t Need Your Alibis“ (BMGI niemals zu hören bekommt, sonst könnten Kosten in ungeahnten Dimensionen auf die Verfasser dieses Liedchens zukommen. Das ist nämlich ein relativ unverblümter Rip-off des Lopez’schen“.Love Don’t Cost A Thing“. Das soll aber bitte unter uns bleiben, okay?

Ohne dass wir Das Bo einem ähnlichen Vorwurf aussetzen wollten: Die Bläsersätze auf „Seid ihr bereit für das Bo“ (Yo Mamal sind denen von Beyonces „Baby Boy“ soundästhetisch gar nicht mal so unähnlich. Ansonsten ist das ein flotter funky Floorfeger (man beachte die kunstvoll eingesetzte Alliteration), der einige Erwartungen an das Album (soll im Frühjahr kommen] weckt. Die B-Seite „Aus ‚er Hüfte“ ist noch mehr funky und noch trockener. Wobei sich natürlich die Frage aufdrängt: Ist Das Bo? Oder ist das vielleicht viel leichter?

Jessas, da hat der Rezensent ja beinahe wieder einmal vor seinen Vorurteilen kapitulieren müssen. Aber manchmal erweist es sich dann doch als relativ hilfreich, wenn man die Musik, die man bespricht, auch ein Mal – zumindest ein einziges Mal – angehört hat. Dover zum Beispiel. Vorurteil: „Indie-Rock vonZwei-Frauen-zwei-Männer-Quortett aus Spanien – ofall places -, das seine Platten i was oead FÜR 7 WEEKS IN THE CITY OF ANGELS Oder SO ähnlieh nennt, gähn ‚. Realität:“.The Flame ICapitoll – flockiger Indie-Pop-Punk, der irgendwas positiv No-Doubtiges an sich hat. Aber vielleicht funktioniert das ja auch nur, weil bald Weihnachten ist.

Da ist er nun angetreten, der Kevin Lyttte, um sein ..Hauptaugenmerk ‚ äaraui zu richten, ..die Soco-Musik von den Karibischen Inseln einem internationalen Publikum näher zu bringen“. Mit „Turn Me On“ (Atlantic/Eastwestl fängt er gleich damit an, die Soca-Musik von den Karibischen Inseln einem internationalen Publikum näher zu bringen. Da bleibt uns nur, Kevin Lyttle viel Glück zu wünschen bei seiner Lebensaufgabe, die Soca-Musik von den Karibischen Inseln einem internationalen Publikum näher zu bringen.

Wow, was für ein verdammter Ohrwurm. Robin Proper-Sheppards seit Jahr und Tag unterwegs gewesen seiende, kurzzeitig sich aufgelöst habende und jetzt wieder vereinigte Sadcore-Band Sophia will es endlich wissen. „Oh My Love“ (Flower Shop Recordings/City Slang/Labels/ Virgin) ist die traurigste, hoffnungsfroheste, herzzerreißendste, wunderbarste Indie-Pop-Hymne dieses, des vergangenen und der nächsten Jahreis].

Wussten Sie schon, dass The White Stripes eine der Lieblingsbands der Redaktion des Junge-Frauen-Magazins „Jolie“ sind? Nein, wir auch nicht, bis letzten Donnerstag (das müsste der 4. Dezember gewesen sein, wenn Sie richtig rechnen!, als sich diese Erkenntnis auf der Verlagsinternen Weihnachtsfeier durchsetzte. Da wird es ja jetzt wieder abgehen drüben bei den Kolleginnen, wo doch die neue Stripes-Single“.The Hardest Button To Button“ (XL/Beggars/Indigo) erschienen ist. Das Lied kennen wir ja vom Album des Jahres 2003 und das Video, das auch auf der neuen Single drauf ist, aus dem Musikfernsehen. Weshalb man diese Single trotzdem kaufen muss, wird jetzt verraten: Hier und nur hier gibt es die Coverversion von „St. Ides Of March“ der famosen Soledad Brothers. Live aufgenommen im April 2003 beim Soundcheck in Berlin. Mutmaßlich in der Columbiahalle.

Berlin und Columbiahalle sind zwei schöne Stichworte dafür, um die Rückkehr einer Band zu feiern, die wegen einer selbst auferlegten Schweigephase des Schreibers für längere Zeit in dieser Rubrik ignoriert wurde: Wir sind Helden haben eine neue Single. Sie heißt „Denkmal“ (Labels/Virgin), und natürlich ist dieses Lied auch auf dem Album die Reklamation zu hören. Neben dem üblichen Zeugs „Für auf dem Computer“ hat es hier auch drei Live-Songs. die beim legendären Wir-sind-Helden-Tourabschluss-Konzert am 22. November 2003 (also vor rund drei Wochen, um genau zu sein) in der Berliner Columbiahalle aufgenommen wurden. Neben“.Heldenzeit“ und „Streichelzoo“ ist auch das erklärte Lieblings-Helden-Lied des Schreibers dabei: „Du erkennst mich nicht wieder“. Wunderschön. Ergreifend. Hach. Epilog: Jetzt schon an Geschenke denken, denn Weihnachten kommt früher, als dir lieb ist.