Independent Minds


Als Vertrieb und Label hat sich Cargo Records in Deutschland auf Indie-Rock mit Gehirn spezialisiert.

Man muss durchaus penetrant nach Details fragen, bis Cargo-Chef Michael Schuster einfällt, dass er einst nicht ganz unbeteiligt an der Entdeckung von The Notwist war. „Muss ich das wirklich ganz genau erzählen?“, lacht er in seinem Büro in Wuppertal und rückt dann Stück für Stück mit der Geschichte raus: „Ich hab in Dillingen, einem 20.000-Einwohner-Städtchen bei Augsburg, einen Plattenladen aufgemacht. Der hieß Subway“, erzählt er schließlich. „Wir haben auf Biegen und Brechen versucht, Indie-Kultur in dieses Dorf zu bringen. Also haben wir auch Konzerte organisiert – darunter war der zweite oder dritte Auftritt von The Notwist. Die waren fantastisch. Danach haben wir festgestellt, dass man vielleicht auch ne Platte machen sollte. Das ist dann aus dem Stand passiert.“ Rückblickend war das ein mehr als gelungener Start für das kleine Indie-Label Subway, das ab 1989 florierte und wuchs, bis der recht angesehene Vertriebspartner Semaphore aus Nürnberg das Handtuch warf. „Wir standen damals als Label vor der Wahl, wieder ganz von vorne anzufangen und mit unserem Repertoire bei Vertrieben anzuklopfen, oder es eben gleich selbst zu versuchen“, erinnert sich Schuster. Man entschied sich für Letzteres und gründete vor fünf Jahren in Wuppertal Cargo Records Germany. Besonders in den USA fanden sich bald engagierte Indie-Labels wie Jade Tree, die ehemaligen Nirvana-Partner Sub Pop und Secretly Canadian, die auf einen potenten Vertrieb im deutschsprachigen Raum angewiesen waren. Die über 100 Plattenfirmen, die inzwischen Alben in Deutschland, Österreich, der Schweiz und darüber hinaus über Cargo Records veröffentlichen, verbindet eine gemeinsame Haltung: Dem Künstler und der Musik wird höchste Achtung entgegengebracht. „Sich um eine Band zu kümmern heißt bei unseren Partner-Labels nicht, sie mit einem Scheck, fünf Videoclips und einer Support-Tour auszustatten. Es geht auch darum, dass da Leute sitzen, mit denen man über Musik reden kann und nicht nur ein Accountant, der der Band sagt, ,Euer Konto ist überzogen'“, sagt Schuster, der sich für die Zukunft mit Cargo auf 60 bis 70 dieser Labels beschränken will, um anspruchsvolle Themen wie Joan Of Arc, Bill Laswell oder Boxstep noch konzentrierter fördern zu können. Da der ME der Meinung ist, dass diese Acts zu gut sind, um überhört zu werden, haben wir auf der CD in diesem Monat zwölf Tracks aus aktuellen Cargo-Veröffentlichungen zusammengestellt, die allesamt von außergewöhnlich eigenständigen Künstlern stammen. Stilistisch scheinen die Calexico-Freundin Jenny Toomey, die von der britischen Radio-Ikone John Peel geschätzten Bluebird und die Avantgarde-Rocker Text zunächst wenig Gemeinsames zu haben – und doch fügen sich ihre Songs zu einem erstaunlich homogenen Ganzen zusammen. Der Schlüssel ist wohl eine Kombination aus dem kompromisslosen Anspruch, den die Musiker an ihr eigenes Tun haben sowie dem unbedingten Willen, abseits des Mainstreams Großes zu vollbringen. In Cargo Records haben sie dafür den geeigneten Partner gefunden.www.cargo-records.de