Rock! Nicht so ein Schmock!
Nenn es New Rock, nenn es die "The"-Band: Aufregende, Punk-infizierte Jungspunde leuchten 2002 als Licht am Ende des Alternative-Rock-Tunnels.
Die Begriffsuche ist schwierig. Jetzt nennen sie es halblaut New Rock oder lustig „die ‚The‘-Bands“, und das ist natürlich Käse, weil so new ist der Rock nicht, ein „The“ haben dann doch nicht alle vorm Namen, und musikalisch in denselben Topf tun kann man sie schon gar nicht. Aber egal. Fest steht, und da fängt der Spaß an, dass in diesem Jahr endlich mal wieder der Wind geweht hat im Rock’n’Roll. The Strokes haben das Fenster letztes Jahr aufgestoßen, und seitdem wirbeln sie herein, junge Bands (und ein paar ältere), deren Zeit gekommen ist: The Vines, The Libertines, The White Stripes, Black Rebel Motorcycle Club, The Hives, The Datsuns, The (International] Noise Conspiracy, The Yeah Yeah Yeahs und wie sie alle heißen – leidenschaftliche, clevere, naive, großmäulige, verschrobene, spinnerte, gut ausehende Bands mit toffen Frisuren, tollen Klamotten und noch tolleren, kurz & knappen Songs, die den Rockplatzhirschen, den nervtötenden Skater-Spaßvögeln, Rapmetal-Hools und reaktionären Alternative-Heldenbrüstern einen Pulver schnupfenden Glam-Hedonismus oder einfach bare Coolness entgegensetzen. Endlich sitzen wieder Gitarristen zum Solo auf Sängerschultern, werden auf der Bühne kesse Uniformjacken getragen, sind Frontmänner so loose und unberechenbar wie die Vines-Zeitbombe Craig Nicholls und kann man sich – heißa! – trefflich streiten, ob das jetzt das Größte ist oder Hypescheiß oder was. Natürlich schöpfen sie alle aus der Vergangenheit, seien es die haarsträubend 70s-rockenden Datsuns, die glorreichen Libertines mit ihrem Clash-Update, der stoische Shoegazer-Cool von Black Rebel Motorcycle Club oder die Nirvana/Beatles-seligen Vines, aber sie schlenzen den (punk)rock of ages mit einer Liebe und Chuzpe in die Neuzeit, als hörten wir’s zum ersten Mal. Und sollten sie übermorgen alle schlechte Nachfolge-Alben machen, das Mittelmaß alles zuwalzen und wir alle plötzlich Lust auf Prog bekommen, dann war’s zumindest für den Moment großartig. Rocken Sie jetzt bitte das Haus.