Kelela

Take Me Apart

Warp/Rough Trade

Näher an die Zukunft kommt ­gerade keiner: Kelela macht sinnlichen, hyperdigitalisierten R’n’B für das Jahr 2018.

Dass diese Kelela Mizanekristos einer der Artists sein wird, die die Zukunft unserer Popmusik formen, konnte man bereits auf einem Mixtape („Cut 4 Me“, 2013) und einer EP („Hallucinogen“, 2015) hören. Jetzt werden die Leuchtbuchstaben in der Ferne deutlicher: Welcome to the Future-R’N’B!

TAKE ME APART ist nun viel mehr als ein Debütalbum: nämlich die umfassende Ausformulierung jenes Genres, das man eigentlich nach Kelela benennen müsste, so meisterlich beherrscht sie jeden Quadratzentimeter seines Möglichkeitsfelds.

In ihren sinnlichen Songs komprimiert die äthiopischstämmige Amerikanerin alles, was im R’n’B der vergangenen 20 Jahre gut und innovativ war – von Janet Jackson über Aaliyah bis Timbaland und Missy Elliott – und verzwirbelt es mit nervösen, hyper­digitalisierten Dance Beats (von Produzenten wie Arca oder Jam City). In dieser bizarren Welt aus Kelelas herzzerreißend gehauchtem Feder-Sopran, arhythmischen Hi-Hats und verzerrten Synthie-Spuren geht es immer um ein spannungsreiches Kräftemessen von Technologie und Soulfulness.

Der progressive Gedanke setzt sich auch in den Texten fort: Kelela durchsetzt den R’n’B-typischen, schmachtenden Sehnsuchts-Modus mit selbstbewussten An­sagen. Sie nimmt sich, was sie will – pro Sex, pro Feminismus, pro Selbstbestimmung. „No one’s tryna settle down. All you gotta do is let me know“, singt sie in „LMK“.

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In den besten Momenten steckt sie damit auf weiblicher Seite das Terrain ab, das The Weeknd oder der Kanye West der „808s & Heartbreak“-Phase besetzt haben: nächtliche Begegnungen, spannungsreiche Flirts, sich überlagernde Gefühle, schwache Momente, Unsicherheiten, Zwischenzustände. Man kann diese Platte bei Tageslicht hören, aber erst als Soundtrack für die Nacht und ihre Gefühlsverwirrungen ist sie das ideale Schmiermittel. Dann kann man sich schnell in dieser Musik verlieren.