Netzwerker


PULSAR BLEU Ein 32-jähriger Hobbymusiker aus Ingolstadt landet den ersten deutschen Hit im Internet.

Ein ganz normaler Mucker. Einer von denen, die vom großen Kuchen allenfalls ein paar Krümel abkriegen. Plattenvertrag? Pustekuchen. Keyboarder Wolfgang Friedl (32) hatte nie einen. Stattdessen hat der Diplom-Betriebswirt einen Arbeitsvertrag bei der Stadtverwaltung Ingolstadt. Dort fing er 1997 im Presseamt an. Im gleichen Jahr zog er mit Frau und Kind in ein Reihenhaus am Rande der Audi-Stadt. Seine Band gab er auf. Nichts also deutete daraufhin, dass Wolfgang Friedl musikalisch noch Spuren hinterlassen würde.

Wie Tausende anderer Amateurmusiker richtet er sich unter dem Dach ein kleines Studio ein. Hier verbringt Friedl seine Abende, bastelt ungestört an seiner ganz persönlichen musikalischen Vision. Im Herbst 1998 gestaltet er eine eigene Website, stellt seine Musik online. Später schließtt er einen Vertrag mit MP3.com, einem der großen Internet-Portale, über die unabhängige Musiker ihre Kunst offerieren. Zunächst passiert wenig, dann aber stolpert der freie New Yorker Promoter Mike Ventarola über Friedls Website mit dem Projektnamen „Pulsar bleu“. Mike steht auf die Musik des Bayern, die zwei schließen E-Mail-Freundschaft, und der US-Fan macht befreundete DJs und Clubs auf Pulsar bleu aufmerksam. Die Resonanz ist gewaltig: Inzwischen kann Friedl stolz auf mehr als 100.000 Downloads verweisen. Bis zu 40 E-Mails erhält er pro Woche, darunter gar Autogrammwünsche. Friedl: „Sogar aus Grönland hat mir einer geschrieben, der meine Musik beim Anblick der Mitternachtssonne hört.“ Nicht nur dort wird Pulsar bleu gehört, auch im deutschen Radio, etwa beim „Chili Out Weekend“ des Hessischen Rundfunks.

Ist Friedl nun reich geworden? Mitnichten. „Mehr als ein Tausender pro Monat kommt dabei nicht heraus“, gesteht der smarte Brillenträger. MP3.com zahlt pro Download gerade mal fünf Cent. Aber Friedl stört das offenbar nicht, und ein hoch dotierter Platten vertrag scheint ihn nicht zu interessieren: „Was kann mir eine Plattenfirma bieten, was ich nicht schon habe? Ich kann meine ganz eigene Musik gestalten und habe große Resonanz.“ Und Geld? Viel Geld? Friedl grinst: „Natürlich würde ich bei einer Riesensumme nachdenken. Aber das ist unrealistisch, denn ich hätte kaum so viele Downloads, wenn meine Musik Geld kosten würde.“ Der Gedanke hat was. Zumal Friedl wenig massenkompatible Ambient Music macht. So hält er seine friedlich pluggernden Klanggebilde auch nicht für die Zukunft des Popgeschäfts – angenehm bescheiden. www.pulsar-bleu.com