Kesse Kämpferin


Auch Schicksalsschläge ließen Shelby lynne nicht resignieren. Sie will ein Star werden.

Nur Details erinnern noch an frühere Zeiten. Die Cowboystiefel mit dem fragwürdigen US-Schick, die Shelby Lynne beim Interview trägt, würde wohl niemand freiwillig anziehen, der nicht jahrelang in Nashville zugange war. Sonst aber ist es der 28-jährigen Sängerin gelungen, ihre musikalische Vergangenheit, von der immerhin ein längerer Eintrag in der „Complete U.S. Country Music Encyclopedia“ zeugt, weitgehend abzulegen. Schon der Titel ihres neuen Albums, „I Am Shelby Lynne“, lässt auf den Neubeginnn schließen. „Ich schäme mich zwar nicht für meine bisherigen Alben“, sagt die Sängerin, „denn immerhin habe ich bei den Aufnahmen viel gelernt. Aber erst jetzt konnte ich die Musik machen, die mir wirklich aus dem Herzen spricht.“ Bis es so weit war, sollten allerdings zehn Jahre verstreichen. Lynnes Country-Wurzeln saßen tief. Geboren in Ouantico/Virginia und aufgewachsen in Jackson/Alabama wurde ihr die Musik praktisch in die Wiege gelegt. Der Vater war Bandleader und Musikclub-Besitzer, und schon früh gaben Shelby und ihre Schwester Ständchen in seiner Bar. Schon damals war Musik für Shelby alles: „Ich hatte keine anderen Interessen, keine Hobbys, keine Freunde. Die Musik reichte mir.“ Diese Idylle wurde jäh zerstört, als der Vater Shelbys Mutter und dann sich selbst umbrachte. „Der Vorfall gehört nun mal zu meinem Leben“, sagt Shelby, „ich kann nicht verhindern, dass darüber geredet wird. Aber ich finde es krank, wenn Leute behaupten, meine Musik würde dadurch irgendwie authentischer.“ Besessen vom Wunsch, Country-Sängerin zu werden, zog Shelby nach Nashville. Dort wurde Altstar George Jones auf sie aufmerksam. Ihr Duett „If I Could Bottle This Up“ wurde zwar ein Achtungserfolg, drei konventionelle Country-Alben verkauften sich aber eher schlecht als I recht, ein Big-Band-Album mit Texas-Swing noch schlechter, und einige Aufnahmen mit 1 Willie Nelson wurden gar nicht erst veröffentlicht. Die Wende kam erst, als Bill Bottrell, Produzent von Sheryl Crow, ein Demo , von Shelby hörte. Er war willens, ihr zu helfen. Das Ergebnis ist ein Album, das die Tugenden des Country-Klangs mit der Kraft des Rock’n’Roll verbindet. Jetzt braucht Shelby nur noch neues Schuhwerk.