Reprazent feat. Roni Size, Köln, Live Music Hall
DRUM ‚N‘ BASS AUF EINE BÜHNE ZU HIEVEN, gehört zu den diffizileren Angelegenheiten in der Popmusik. Adam F pflegt live und direkt zu langweilen, die bundesdeutsche Megashira-Crew legte ihre Performance nach einem vergeigten Auftritt beim diesjährigen Tribal Gathering auf Eis. Doch Roni Size, DJ Krust, DJ Die und DJ Suv gelten nicht umsonst weltweit als der „hottest shit“ in Sachen Live-Drum’n‘ Bass. Die Posse aus Bristol weiß genau, daß Knöpfchendreher saugen und wartet folgerichtig nicht nur mit Sängerin Onallee, sondern auch mit dem gar unglaublichen MC Dynamite auf. Überflüssig zu bemerken, daß die Kölner Live Music Hall vom ersten Ton der sechs Briten an rockt. Der Sound ist fett (einige verspielte Zuschauer ließen vor dem Konzert zu den Baßeskapaden des Vorprogramm-DJs Biergläser am Bühnenrand entlangvibrieren), die Kölner Drum’n’Bass-Prominenz zappelt in der ersten Reihe. Ein ums andere mal feuert der umtriebige Herr Dynamite seine Philosophie ins Publikum, erzählt, wo der Sound des nächsten Jahrtausends herkommt (aus Bristol natürlich) und rennt wie ein angeschossenes Tier über die Bühne. Bässe, Breaks und die surreale Bühnenatmosphäre kulminieren zu einer gewaltigen Klimax. Und spätestens bei Roni Sizes Hit „It’s Jazzy“ tobt die Halle-ein für Köln in der Tat höchst ungewöhnliches Phänomen, wird Drum ’n’Bass in hiesigen Tanzlokalen doch gemeinhin eher zu Sekt auf Eis und ungelenkem Hüftschwung goutiert. Geschickt versteht es die Reprazent-Crew, mit Spannungsbögen zu spielen. Die jazzige Atmosphäre von „Share The Fall“ entspannt, das düsterliche „Digital“ fordert totale Aufmerksamkeit, die Soundmeister Roni Size, Die, Suv und Krust zaubern einen Mörderbaß nach dem anderen aus dem Sampler, und Onallee überzeugt mit ihrer eigenwilligen, faszinierenden Stimme auch den letzten Puristen. Nach 70 Minuten und einer Zugabe ist der Spaß vorbei. Dynamite und Onallee sind offensichtlich zufrieden, die anderen Mitglieder der Band scheinen vordringlich erst einmal von der Bühne runterkommen zu wollen. Am Ausgang drücken nett anzusehende Frauen den Gästen ausgerechnet französische Zigaretten vom geneigten Sponsor in die Hand, und irgendwie sind endlich mal wieder alle wirklich glücklich. Vive la… äh… long live Bristol!