Mythos Morrison


Seit 26 Jahren zehren die drei verbliebenen Doors vom Ruhm der späten 60er Jahre.

Ereignisse wie die Veröffentlichung einer CD-Box von den Doors werden im fernen Amerika stets mit Pathos und Pomp gefeiert. Zum Beispiel mit einer großen Pressekonferenz,die landesweit im Rundfunk übertragen wird und vorzugsweise in verklärter Nostalgie schwelgt. Die verbliebenen Doors, Ray Manzarek, Robbie Krieger und John Densmore, machen gute Miene zu bösem Spiel – bis Densmore ein verheerender Fauxpas unterläuft. Auf die Frage, ob es nicht ein komisches Gefühl sei, über drei Dekaden vom Ruhm vergangener Tage zu zehren, kontert der 51jährige Drummer:“Das ist wie bei den Juden. Die haben seit Jesus auch nichts mehr zustande gebracht.“ Betretenes Schweigen im Saal. Densmore, der seinem exzessiven Busenfreund Morrison zu dessen Lebzeiten in nichts nachstand, zahlt derzeit offenbar einen späten Tribut an die 6oer Jahre. Er leidet unter Blackouts, spricht in unvollständigen Sätzen:“Wir haben all das angefangen, was heute ganz normal ist – die Frauenbewegung, die Friedensbewegung, die Forderung nach mehr Freiheit… Scheiße, jetzt habe ich den Faden verloren. Dabei rauche ich gar nicht mehr.jedenfalls kaum noch.“ Kaum besser geht es seinem Kollegen Krieger, der mit eingefallenen Gesichtszügen und bleicher Pergamenthaut wie ein Zombie wirkt. Der braungebrannte Ray Manzarek ist zwar zehn Jahre älter, wirkt aber mindestens 20 Jahre jünger. Letztlich ist Manzarek auch derjenige, der sich noch am ehesten von den einstigen Doors lösen konnte. Ganz anders sein Kollege Krieger: „Egal wo ich gespielt habe, die Leute wollten immer nur die Doors hören. Irgendwann mußte ich erkennen, daß ich einfach nichts dagegen machen kann – ich bin nun mal ein Mitglied der Doors.“ Und von diesem Mythos möchten sich die Amerikaner partout nicht trennen. Für eine Tour mit Morrison-Ersatz (als Kandidat war mal Eddie Vedder im Gespräch) wurden den verbliebenen Doors angeblich mal 20 Millionen Dollar geboten. „Scheiß auf das Geld“, ereifert sich Manzarek, „ich habe eine tolle Zeit, und ich lebe. Was will ich mehr? Und weißt Du was? Ich wünschte, es würden mehr Leute so denken. Nimm doch nur die Stones. Die würde ich liebend gern in einem Club sehen. Statt dessen dieses ganze Spektakel. Muß das denn sein?“ Man ahnt es schon fast: Aufwendige Tourneen oder auch nur größere Gigs lehnt Manzarek kategorisch ab.Jch hasse die Idee, so etwas wie eine Show auf die Beine stellen zu müssen. Für mich ist das etwas, was du dir am Broadway ansehen kannst – oder bei U2. Darauf hab ich einfach keinen Bock. Es würde mich jedoch reizen, einfach nur so zum Spaß mal wieder mit Robbie und John zu spielen.“ Klar, aufs Geld kommt es Rayja nicht an. Bei Mr. Manzarek siegt die Meinung über den Mammon. Jedenfalls möchte es so scheinen. Dieser Hintergrund ist es wohl auch, der Ray Sätze wie diesen sagen läßt:“Unsere Gesellschaft ist so lange zufrieden, wie sie tolle Autos, dicke Stereoanlagen, große Fernseher und genug Cognac hat. „