Core knacken den Gipfel der Crossover-Genüsse
Wie bringt man einen Saal voller Schweizer an die Grenze zur Ekstase? Eine scheinbar unlösbare Aufgabe – und doch gelingt genau dieses seit geraumer Zeit einer fünfköpfigen eidgenössischen Freundesclique, die hierfür jedoch zunächst einmal einen ausgedehnten Vorlauf benötigte. Bereits seit 1985 arbeiten der Autodidakt D.S. und die Sängerin Sonja Heller im heimischen Lausanne am Konzept für eine Band, doch fanden sie erst im letzten Jahr die richtigen Mitstreiter für das Projekt Core. Ein Name, der für Popmusik internationalen Zuschnitts stehen soll – laut, schnell, stilverbindend und, ganz entgegen dem touristischen Image der Alpenrebublik, mitunter sogar richtig schön schmutzig.
„Was glaubst du wohl“, grinst Sängerin Sonja, „warum wir so schnell wie möglich dieser bäuerlichen Umgebung den Rücken kehren möchten?“ Nicht umsonst habe man sich, so D.S., ihr Partner am Tisch und auf der Bühne, „darum bemüht, in jedem unserer Songs mindestens zwei, besser noch ein paar mehr Stile zu verbinden.“ Herausgekommen ist dabei eine Melange, die man mit Etiketten von HipHop über Hardcore bis hin zu Pop zwar eingrenzen kann, aber eigentlich nicht möchte. „Vergleiche mit Bands wie Garbage oder den Red Hot Chili Peppers„, D.S. hebt die Hände, „sehen wir überhaupt nicht als Kompliment. Wir sind Core, schreiben unsere eigenen Songs und machen unseren eigenen Sound – reicht das etwa nicht?“ Ziemlich selbstbewußt für eine Band, die mit dem Erstling ‚Transformer‘ zwar schon einen Achtungserfolg verbuchen konnte, von der schönen Profession aber längst noch nicht leben kann. Was ja auch Vorteile habe, „denn den Druck, kommerziellen Erwartungen genügen zu müssen“, sagt D.S., „haben wir noch nicht kennengelernt.“ Partnerin Sonja bleibt da nüchterner: „Die Engländer tun sich schwer in den USA, die Deutschen in England, und uns Schweizer erwartet überall ein schwieriges Pflaster.“ Ihre Live-Auftritte haben die fünf von Core trotzdem schon zum Geheimtip gemacht. Einmal auf ihr Publikum losgelassen, formen die Freunde die Songs des Albums, all die hübschen Melodien und feinen Arrangements, zu brachialen Mini-Operetten. Dann schlagen die Takte Kapriolen, dröhnen die Gitarren lauter als aus den Probenkellern von Seattle und sagt Sonja der gesamten Damenkonkurrenz lautstark, aber charmant den Kampfan. Mit guten Siegeschancen übrigens, so meint die Chanteuse selbst, „denn wenn uns der Status des Exoten erstmal ein Forum außerhalb der Alpentäler geschenkt hat, wird es kein Halten mehr geben.“