Marla Glen
Bei Marla im Vorprogramm auzuftreten, muß eine Wonne sein. Selten erlebt man ein so aufgeschlossenes Publikum. Mit Jubelstürmen feuert es den unspektakulären, introvertierten Afropop von Lokua Kanza an. Dann kommt die Glen, Kippe im Mundwinkel, wie eine weibliche Ausgabe von David Bowie auf die Bühne, wirft als Appetithäppchen ein paar CDs in die „Maria, Maria!“ schreiende Menge. Stattliche 5.000 sind es geworden, seit der Auftritt von einer kleineren Location in die Alsterdorfer Sporthalle verlegt wurde. Die ersten Töne kommen barjazzig vom E-Piano, dann setzt ein schleppender Groove ein: ‚Love And Respect‘. Dann eine Bebop-Explosion, die zum Blues überleitet. ‚Travel‘ heißt das Lied, und es entführt in die Clubs von Detroit. Die charmante Reiseleiterin conferiert singend durch die prägenden Stationen ihres Sängerdaseins, reiht Bruchstücke der schwarzen Tradition wie an einer Schnur auf. Läßt andere Fusion oder Crossover machen — bei Maria Glen bleiben die Zutaten immer sauber getrennt. Daß sie dazu eine Alleinunterhalterin von umwerfender Komik ist, mag ihren kometenhaften Aufstieg mit erklären: mit gespielter Umständlichkeit bastelt sie ihr Mikrofon in den Ständer, mit marionettenhaften Bewegungen parodiert sie Popgrößen wie Michael Jackson. Maria Glen ist eine Entertainerin, die ihr Publikum im Griff hat. Dazu hat sie eine beachtliche Stimme: „You praise the Lord with a smile on your face“, singt sie und die Stimme orgelt dabei wie eine alte Farfisa. Souliges Croonen gelingt ihr ebenso wie falsettiges Quengeln. Nur die Band weiß den stilistischen Extravaganzen der Frontfrau nicht immer zu folgen.
Der Gitarrist wirkt zuweilen recht holzig, und die Bläsersektion geht im klirrenden Soundbrei mit Pauken und Trompeten unter. Erst das Finale kommt kross wie ein Krustenbraten ‚rüber – mit Gesangssoli der Background-Frauen, angeschärft vom endlich hörbaren Gebläse. Mit dem Rücken zum Publikum dirigiert Maria ‚Crazy Love‘, die grandiose, viertelstündige Inszenierung eines Songs – selbst der Gitarrist stört jetzt nicht mehr. Maria Glen hat den Sprung von den Clubs in die großen Hallen geschafft, wenn auch mit Ach und Krach: zuviel mißlingt der zehnköpfigen Band zu sehr schadet der miserable Hallensound.