Björk – Post


Düstere Industrialtöne und schwebender Dreivierteltakt? Zerbrechlicher Kindergesang und wuchtige Vocals aus geschulter Kehle? Treibende Beats für den Dancefloor und sphärische Synthesizer? Exotische Harpsichordklänge und ein wild swingendes Big Band-Gebläse? Willkommen im musikalischen Makrokosmos von Björk Gudmundsdottir. Nach dem Überraschungserfolg der 93er Veröffentlichung DEBÜT — von ihrem ersten international veröffentlichten Soloalbum konnte die ehemalige Frontfrau der Sugarcubes weltweit 2,5 Millionen Exemplare absetzen – geht das isländische Maximaltalent nun mit POST erneut an den Start. Und anders als Kollegen wie Tracy Chapman oder Terence Trent D’Arby — erst gefeiert, dann fallengelassen — braucht Björk das Syndrom der ’schwierigen zweiten Platte‘ nicht zu fürchten. Der totalbegabte Troll mit dem kratzigen Eskimocharme kann und bietet so viel, daß nicht mal die oberflächliche Popszene zur Tagesordnung übergehen kann.

Björk verbindet via Dancefloor die musikalische Neuzeit mit der Ära des amerikanischen Big Band-Jazz, schlägt mit dem Mut der Eigensinnigen die Brücke zwischen Popkultur und ernstzunehmender Kunst. Gutturales Geschrei und arktische Schwebemomente? Aber ja doch! Walzerseligkeit und derbe Bässe für den Bauch? Immer nur her damit! Björk, diese 29jährige Verbindung von Femme fatale und ewigem Kind, fügt zusammen, was nicht zusammen gehört, bedient sich im Wunderland der Klänge wie ein Vorschulkind im Spielzeugladen. Und genau diese hinreißende Hemmungslosigkeit macht Björks Faszination aus. Hier tobt sich eine Hochbegabte aus, die sich einen Dreck darum schert, was die akademische Musiklehre ihr vorschreiben möchte.

POST entstand in den Compass Point Studios von Nassau/Bahamas. Der größte Teil der elf Songs stammt aus Björks eigener Feder. Ausnahmen bilden die Titel ‚Enjoy‘, mitgeschrieben und koproduziert von Englands Shooting Star Tricky, ‚I Miss You‘, eine Gemeinschaftsarbeit von Björk und Mo Wax-DJ Howie Bernstein, sowie die Single ‚Army Of Me‘ und der Track ‚Modern Things‘. Beides Songs, die Björk zusammen mit dem Musiker und Songwriter Graham Massey (808 State) zu Papier brachte. Auch Soul II SoulMastermind Nellee Hooper war wieder mit von der Partie. Unter anderem saß er zusammen mit Björk und Graham Massey bei den Aufnahmen zur Single ‚Army Of Me‘ an den Reglern. Ein Song, der den Soundtrack zum Film ‚Tank Girl‘ eröffnet und aus dessen Basismaterial Beastie Boy Michael Diamond einen Spezialmix anfertigte.

Sehr speziell auch die einzige auf POST vertretene Coverversion eines Songs. ‚Blow A Fuse (It’s Oh So Quiet)‘ wurde im Original, also während der 40er Jahre, von der Hollywood-Diva Betty Hutton gesungen. Bei diesem Song pendelt Björk zwischen zartem Flüstern und exaltiertem Schreien. Bei der Instrumentierung jedoch ließ die exzentrische Musikerin eher Werktreue walten. So bat Björk für die Aufnahmen unter anderem ein 20köpfiges Orchester ins Studio. Unterstützung wurde ihr auch bei den Streicherarrangements zuteil. Hier ging Björk der azzer Eumir Deodato zur Hand.

Ganz allein dagegen gab die Pop-Prinzessin aus dem Eis ein erstes Statement zu POST und dessen Vorläufer DEBÜT ab: „Die Songs von ‚Debüt‘ habe ich damals im Grunde genommen nur für mich selbst geschrieben. Wobei ich natürlich froh war, daß auch andere sie mochten. Trotzdem, das Ganze war mehr wie eine Probe. Diesmal bin ich viel näher an meinem Ziel.“ Veröffentlichungstermin: 6. Juni